Verfahrensgang
AG Ludwigsburg (Beschluss vom 10.07.1984; Aktenzeichen 2 M 4332/84) |
Tenor
wird die sofortige Beschwede des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 10. Juli 1984 – 2 M 4332/84 – kostenpflichtig als unbergründet
zurückgewiesen.
Beschwerdewert DM 1.000, –
Gründe
Die Antragstellerin ist auf Grund des Vergleiches vom 23. Januar 1984 verpflichtet, die dem Antragsgegner gehörende Wohnung zu räumen. Ihr wurde eine Räumungsfrist bis 30. Juni 1984 eingeräumt. Mit ihrem Antrag vom 25. Juni 1984 hat die Antragstellerin begehrt, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich gemäß § 765 a ZPO bis 1. Oktober 1984 einzustellen. Die Antragstellerin hat einen schriftlichen Mietvertrag über eine Ersatzwohnung vorgelegt, die sie ab 1. Oktober 1984 beziehen kann. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht die Räumungsfrist bis 30. September 1984 verlängert. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung des Antragsgegners, die wegen Nichtabhilfe durch das Amtsgericht als sofortige Beschwerde gilt.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet.
Das Amtsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, daß der Auszug der Antragstellerin gemäß dem Vergleich für sie eine mit den guten Sitten unvereinbare Härte darstellt. Als ein Beispiel derartiger Härte wird u.a. der Fall der Zwangsräumung angesehen, obwohl innerhalb einer kurzen Zeit eine Ersatzwohnung bezogen werden kann, vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 12. Aufl., 3 b zu § 765 a. Mit den guten Sitten unvereinbar ist die Zwangsräumung, wenn nur die Zeit zum Bezug der Ersatzwohnung überbrückt werden soll, vgl. Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 38. Aufl., 2 c zu § 765 a m.z.N. aus der Rechtsprechung, ebenso Zöller-Scherrübel, ZPO, 12. Aufl. I 1 zu § 765 a.
Dabei ist durchaus auch das Schutzbedürfnis des Gläubigers zu berücksichtigen. Ohne Vorliegen der besonderen Voraussetzungen des § 765 a ZPO ist dem Gläubigerinteresse, das-sich bereits im Besitz des Titels dokumentiert, der Vorzug zu geben und somit grundsätzlich die zwangsweise Räumung zu gestatten.
Die umfangreichen Arbeiten und der hohe finanzielle Aufwand, die mit einem doppelten Umzug innerhalb von drei Monaten verbunden sind, lassen jedoch das Räumungsverlangen des Antragsgegners als mit den guten Sitten nicht vereinbar erscheinen. Das gilt umsomehr, als die Antragstellerin zu 100 % erwerbsunfähig ist, lediglich eine Rente bezieht und sie somit die Kosten eines doppelten Umzuges im besonderen Maße treffen würden.
Wegen des lediglich kurzen Zeitraums der Überbrückung von drei Monaten war der Antragstellerin daher auf ihren Antrag durch Einstellung der Zwangsvollstreckung weitere Räumungsfrist bis 30. September 1984 zu gewähren.
Auch die Kostenentscheidung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 788 Abs. 3 ZPO können dem Antragsgegner durchaus die Kosten auferlegt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier, auch für den Gläubiger schon auf Grund des vorgerichtlichen Schreibens der Antragstellerin erkennbar war, daß das weitere Beharren auf Räumung zum 30. Juni 1984 und die Androhung von Zwangsmitteln mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Fundstellen