Verfahrensgang
AG Esslingen (Entscheidung vom 24.01.2012; Aktenzeichen 5 Ds 34 Js 34495/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Esslingen vom 24.01.2012, Az. 5 Ds 34 Js 34495/11,
aufgehoben.
Dem Angeklagten wird Rechtsanwältin xxxxxxxx als Verteidigerin, auch für das Beschwerde verfahren, beigeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Gegen den Beschwerdeführer wird ein Strafverfahren wegen Urkundenfälschung und Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz geführt. Ihm wird vorgeworfen, er sei am 15.11.2010 per Flugzeug von Griechenland nach Deutschland eingereist, obwohl er über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt habe. Zudem habe er sich mit einer gefälschten spanischen Identitätskarte ausgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Stuttgart Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 05.10.2011 legitimierte sich RA'in xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx als Verteidigerin des Beschwerdeführers und beantragte ihre Beiordnung als Pflichtverteidigerin. Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Amtsgericht die Beiordnung ab. Zur Begründung der Beschwerde wird insbesondere vorgetragen, die Rechtslage sei schwierig, da u.a. Kenntnisse des Ausländerrechts notwendig seien.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Mitwirkung eines Verteidigers für das Straf- sowie das Beschwerdeverfahren erscheint wegen der Schwierigkeit der Rechtslage geboten (§ 140 Abs. 2 StPO).
Für eine sachgerechte Verteidigung gegenüber den gegen den Beschwerdeführer erhobenen Tatvorwürfen sind Kenntnisse des Nebenstrafrechts sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung notwendig, über die der aus Afghanistan stammende Beschwerdeführer offensichtlich nicht verfügen kann.
So hat die Verteidigerin vorgetragen, der Beschwerdeführer habe "unverzüglich" um Asyl nachgesucht. Dies kann unter bestimmten Umständen eine sonst vorliegende Strafbarkeit wegen unerlaubter Einreise und unerlaubten Aufenthalts entfallen lassen (vgl. VG Stuttgart vom 16.03.2010, zitiert nach [...], mit weiteren Nachweisen). Dies ergibt sich jedoch nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern erfordert Kenntnis der einschlägigen Kommentarliteratur.
Die sich weiter stellende Frage, ob in einem solchen Fall auch die in dem Gebrauch der falschen Einreisedokumente zu sehenden Urkundenfälschung straflos ist, wird zudem von verschiedenen Obergerichten unterschiedlich beurteilt (befürwortend OLG Frankfurt vom 28.10.1996, ablehnend OLG München vom 29.03.2010, beide zitiert nach [...]), so dass für eine sachgemäße Verteidigung auch ein Überblick über den neuesten Stand der Rechtsprechung zu diesem Thema notwendig ist.
Insgesamt erscheint daher die Beiordnung eines Verteidigers, auch bereits für das Beschwerdeverfahren, geboten, weshalb der Beschluss aufzuheben und dem Beiordnungsantrag stattzugeben ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 4021978 |
InfAuslR 2012, 240 |