Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung
Verfahrensgang
AG Schorndorf (Urteil vom 25.10.1983; Aktenzeichen 2 C 77/83) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Schorndorf vom 25.10.1983 – 2 C 77/83 – abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, das Haus …, mit allen Räumen, den Garten und die Garage zu räumen.
Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 15.10.1984 bewilligt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz. Den Beklagten fallen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits in der zweiten Instanz zur Last.
Streitwert in der ersten Instanz: |
DM 19.200,– |
Streitwert in der zweiten Instanz: |
DM 19.200,–. |
Gründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Beklagten sind zur Räumung verpflichtet, da die Klägerin ihnen wirksam gekündigt hat.
1. Unstreitig haben die Beklagten die am 15.12.1983 fällige Dezembermiete erst am 21.12.1983 und den restlichen Mietzins von DM 300,– der am 15.11.1983 fälligen Novembermiete ebenfalls erst am 21.12.1983 bezahlt. Sie sind damit für zwei aufeinanderfolgende Termine mit Zahlungen in Verzug gekommen, die den Betrag einer Monatsmiete übersteigen. Gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 1 BGB war die Klägerin deshalb berechtigt, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen. Dies hat die Klägerin mit Schreiben vom 19.12.1983 per Einschreiben und mit einfacher Post getan.
Zur Wirksamkeit dieser fristlosen Kündigung gemäß § 554 Abs. 1 BGB bedurfte es nicht der Angabe von Gründen in dem Kündigungsschreiben. § 564 a BGB begründet nur eine Obliegenheit (vgl. dazu im einzelnen OLG Karlsruhe, RE vom 8.6.1982, NJW 1982, S. 2004/05). Denn – anders als in den Fallen des § 564 b BGB – liegen die Kündigungsgründe bei einer fristlosen Kündigung gemäß § 554 BGB in der Vertragsverletzung des Mieters, und er kennt die Gründe, so daß ihn die Kündigung nicht unvorbereitet trifft (OLG Karlsruhe, a.a.O.).
Die Beklagten haben nicht bestritten, daß die Kündigung vom 19.12.1983 ihnen vor Zahlung am 21.12.1983 zugegangen ist. Durch diese Zahlung am 21.12.1983 konnte keine Heilung gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 BGB eintreten. § 554 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 BGB bestimmt nämlich, daß eine Heilung dann nicht eintritt, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 BGB unwirksame Kündigung vorausgegangen ist. Dies ist hier der Fall.
Auf die am 20.7.1983 ausgesprochene fristlose Kündigung der Klägerin wegen Zahlungsverzuges der Beklagten mit zwei Mieten zahlten die Beklagten unstreitig am 2.8.1983. Dadurch wurde die Kündigung gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 BGB unwirksam. Daß zu diesem Zeitpunkt die Räumungsklage noch nicht rechtshängig bzw. noch nicht einmal anhängig war, spielt keine Rolle. Ist die fristlose Kündigung ausgesprochen, so kann der Mieter den Vermieter auch schon vor Rechtshängigkeit mit der Wirkung befriedigen, daß die Kündigung unwirksam wird und das Mietverhältnis wieder auflebt (LG Stuttgart vom 28.12.1982 – 5 S 241/82 –; LG Köln WuM 1976, S. 261; Emmerich/Sonnenschein, Mietrecht, Anm. 40 ff. zu § 554; Münchner Kommentar, BGB, Anm. 28 zu § 554). Wenn in § 554 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 BGB bestimmt ist, daß die Kündigung unwirksam wird, wenn der Mieter den Vermieter bis zum Ablauf eines Monats „nach Rechtshängigkeit” des Räumungsanspruchs befriedigt, so bedeutet das also nicht, daß diese Wirkung nicht auch darin eintritt, wenn der Mieter den Vermieter vor Rechtshängigkeit, aber nach Kündigung, befriedigt. Andernfalls würde der Vermieter, der nicht sogleich Räumungsklage erhebt, sondern versucht, die Sache mit dem Mieter außergerichtlich beizulegen, bestraft. Der Mieter hätte es in gewisser Weise in der Hand, immer kurz vor Erhebung der Räumungsklage zu bezahlen und damit die Wirkung des § 554 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 BGB auszuschließen. Der Vermieter würde durch die Ausgestaltung des materiellen Rechts zu Prozessen gezwungen, die nicht nur unwirtschaftlich für die Parteien sind, sondern auch zu überflüssiger Inanspruchnahme der Justiz führen.
War deshalb der Kündigung vom 19.12.1983 eine gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 BGB unwirksame Kündigung vorausgegangen, so konnte die Zahlung vom 21.12.1983 gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 BGB keine Heilung bewirken. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung soll die Rechtswohltat der Schonfrist dem Mieter innerhalb von zwei Jahren nur einmal zugutekommen (für alle: Emmerich/Sonnenschein, a.a.O.).
2. Die Klägerin konnte diese Kündigung im Berufungsrechtszug geltend machen.
Die von ihr gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegte Berufung, die zunächst darauf ging, den Rechtsstreit in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils für erledigt zu erklären, war zulässig. Mit dem auf die Kündigung vom 19.12.1983 gestützten Räumungsantrag hat die Klägerin eine objektive Klageänderung vorgenommen, da sie das Begehren auf einen anderen Sachverhalt stützt. Eine Zurückweisung des die Klageänderung stützenden neuen Vorbringens nach § 528 ZPO ist ausgeschlossen (vgl. E. Schneider, Zulässigkeits- und Zulassungsfragen b...