Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz und Schmerzensgeld: Haftung für die Verursachung eines Verkehrsunfalls ohne Mitverschulden des Geschädigten, Erwerbsschaden, Haushaltsführungsschaden, Vermehrte Bedürfnisse, Steuerschaden
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 676.138,55 nebst Zinsen hieraus in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 37.256,85 seit dem 30.11.2001 und aus EUR 66.435,36 seit 01.04.2004 sowie aus EUR 572.446,34 seit 15.01.2004 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 69% und der Kläger zu 31%. (1)
4. Das Urteil ist für jede Partei jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem Verkehrsunfall.
Am 29.06.1980 gegen 02.30 Uhr kollidierten der Kläger - als Beifahrer- und seine Ehefrau mit ihrem Pkw mit einem anderen Kraftfahrzeug, dessen Fahrer alkoholbedingt auf die Gegenfahrbahn abgekommen war. Der Unfall wurde alleinverantwortlich durch den Unfallgegner verursacht. Für dessen Fahrzeug bestand bei der Beklagten eine Haftpflichtversicherung. Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.
Der Kläger erlitt durch den Unfall schwerste, lebensgefährliche Verletzungen, nämlich insbesondere ein Schädel-Hirntrauma mit cortikalen Läsionen, eine Thoraxcontusion, eine zweiseitige Milzruptur, multiple Frakturen, ein Aortenaneurysma. Infolge von Bluttransfusionen trat eine chronische Hepatitis C hinzu.
Die Unfallverletzungen führten zur vollständigen Erwerbsunfähigkeit des Klägers.
Der am 02.01.1958 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt 22 Jahre alt und frisch verheiratet. Er und seine Ehefrau sind Eltern von drei Kindern, die am03.02.1981, 05.06.1982 und 29.12.1984 geboren wurden.
Der Kläger hatte etwa vier Monate vor dem Unfall eine Berufsausbildung zum Informationselektroniker bei der Firma Cxxx beendet.
Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass der Kläger ohne den Unfall die Meisterschule erfolgreich absolviert hätte und ab Juni 1986 Gehalt aus der Tarifgruppe M 4 nach dem Tarifvertrag des Verbandes der Metallindustrie Baden-Württemberg bezogen hätte, wobei zur Berechnung des Verdienstausfalls zugrunde gelegt wird, dass vom Bruttolohn eine Pauschale von 30% für Steuern und Sozialausgaben abzusetzen ist.
Der Kläger führte, vertreten durch wechselnde Rechtsanwälte, mit der Beklagten langwierige Verhandlungen über die Regulierung der Unfallfolgen. Im Rahmen dieser Verhandlungen erfolgte für den Kläger durch Rechtsanwalt Kxxx durch Schreiben vom 16.12.1996 (Anlage B 3) eine Forderungsaufstellung, die insbesondere den Verdienstschaden für die Zeit bis Dezember 1996 mit DM 654.794,75 berechnete. Von diesem Betrag ging im Folgenden auch die Beklagte aus, die zudem hinsichtlich des weiteren Zeitraums und weiterer Anspruchspositionen eigene Berechnungen vorlegte, unter anderem mit Schreiben vom 20.05.1999 (Anlage B 1).
Die Beklagte leistete seit dem 26.11.1980 bis zum 17.11.2003 mehrere Zahlungen, die sich bis zum Jahr 2003 auf insgesamt DM 1.003.411,26 belaufen. Zusätzlich bezieht der Kläger eine Erwerbsunfähigkeitsrente von der LVA Baden-Württemberg. Die Zahlungen der LVA betrugen bis Dezember 2003 DM 412.686,95.
Nachdem sich die Parteien nicht über die Zahlung einer Abfindungssumme zur Abgeltung aller Unfallfolgen einigen konnten, macht der Kläger nunmehr gerichtlich folgende Ansprüche geltend (Bl 254/255 d.A.):
Für die Vergangenheit (bis Dezember 2003):
VerdienstschadenDM 1.121.654,-
HaushaltsführungsschadenDM 203.546,-
Vermehrte BedürfnisseDM 75.452,-
SteuerschadenDM 121.753,-SchmerzensgeldDM 260.000,-
ZinsenDM 82.878,76
Ausfall Kindergeld unstreitigDM 23.670,-
Besuchskosten, Fahrtenkosten, Telefon,
Papier, Gutachterkosten unstreitigDM 20.300,-
Vorgerichtliche Anwaltskosten unstreitigDM 10.230,-
Weitere Kosten für Fahrten, Telefon,
Papier, Gutachter, AnwaltsberatungDM 12.659,-
abzüglichZahlungen der BeklagtenDM 1.003.411,-
Zahlungen der LVADM 412.686,-
ZwischensummeDM 515.975,76
Für die Zukunft:
VerdienstausfallDM 973.615,86
RentendifferenzschadenDM 287.936,46
HaushaltsführungsschadenDM 222.406,93
Vermehrte BedürfnisseDM 118.655,00
ZwischensummeDM 1.602.614,20
InsgesamtDM 2.118.589,90
entsprichtEUR 1.083.217,80
Die Zusammensetzung des Vergangenheitsschadens hat der Kläger in einer Tabelle dargestellt (Anlage K 18).
Der Kläger trägt vor:
Aufgrund des Unfalls leide er auch noch gegenwärtig an häufig auftretenden Gliederschmerzen, an Magen-Darmschmerzen mit Unverträglichkeit der meisten Speisen, an krampfartigen Schmerzen im Oberkörper mit Atemnot, an Übelkeit, Wetterfühligkeit, Wortfindungsstörungen, Sehstörungen, Ohrendruck, erheblichen Geschmacksbeeinträchtigungen, anhaltenden Kopfschmerzen, Orientierungsverlust, erheblichen :Einschränkungen der Merkfähigkeit und Konzentration bei schneller Ermüdung, schneller Erschreckbarkeit, Gefühlsstörungen, übermäßig starkem ...