Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Klausel in einem formular-Mietvertrag: verschuldensunabhängige Pflicht des Mieters zur Beteiligung an Reparatur- und Neuanschaffungskosten
Orientierungssatz
Eine Klausel in einem vorformulierten Mietvertrag, wonach auf den Mieter verschuldensunabhängig die Kosten für Kleinreparaturen an bestimmten Gegenständen und Einrichtungen der Wohnung, soweit die Reparatur nicht mehr als 100 DM kostet, abgewälzt werden, eine Beteiligung des Mieters in Höhe von 100 DM auch an den Kosten für größere Reparaturen, sowie darüberhinaus eine Beteiligung an Kosten für die Neuanschaffung bestimmter Gegenstände und Einrichtungen vorgesehen ist, wobei dem Mieter die gesamten nachbesserungs- und Neuanschaffungskosten auferlegt werden, wenn er dem Vermieter den Schaden nicht rechtzeitig anzeigt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam (so auch LG Hamburg, 1984-04-10, 16 S 211/83, WuM 1985, 21; so auch AG Frankfurt, 1986-01-09, 33 C 2133/85 - 26, WuM 1987, 18). Es kann dahinstehen, ob eine formularmäßige Beteiligung des Mieters an verschuldensunabhängigen Reparaturen bei einer Beschränkung der insgesamt vom Mieter zu zahlenden Kostenbeiträge möglich ist.
Nachgehend
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Prozeßparteien sind rechtsfähige Vereine. Der Kläger verfolgt die Interessen der Mieter, der Beklagte die der Vermieter.
Der Beklagte ist Herausgeber eines Mietvertragsformulars (MV), das im Rahmen der Beratungstätigkeit des Beklagten verwendet und zugleich empfohlen wird, aber auch im freien Verkauf zu erhalten ist. Dieses MV war schon mehrfach Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen, weil nach Ansicht des Klägers Regelungen im vorgedruckten Vertragstext mit den Vorschriften des AGBG nicht vereinbar seien, so auch die Reparaturkostenklausel in § 12 Nr. 1 des Vertragsformulars.
Diese im Mietvertragsformular des Beklagten enthaltene Regelung lautete ursprünglich:
"Die Kosten für auch ohne Verschulden des Mieters notwendige Reparaturen an den ihm überlassenen Zentralheizungsanlagen Warmwasserversorgungsanlagen, an Öfen, Herden, Spültischen, Türen, Schlössern, Schlüsseln, Fenstern, Fensterläden, Rolläden, Jalousien, Markisen, Badeeinrichtungen, Gasleitungen und Wasserleitungen, Handwaschbecken, Bodenbelägen, elektrischen Einrichtungen, Gemeinschafts-Antennen hat der Mieter bis einschließlich 3% der Jahresmiete im Einzelfall auf sich zu nehmen und sich bei größerem Aufwand mit dem genannten Betrag zu beteiligen. Dasselbe gilt im Falle einer Neuanschaffung eines der genannten Gegenstände.
Nachdem diese Regelung vom Kläger mit einer Unterlassungsklage gem. § 13 AGBG angegriffen worden war, erging im schriftlichen Vorverfahren am 3.1.1986 entsprechend dem vom Beklagten anerkannten Klageantrag ein Anerkenntnisurteil (LG Stuttgart - 200376185). Fortan verwendete der Beklagte ein geändertes Formular, das in § 12 Nr. 1 unverändert war, jedoch in § 20 einen Aufdruck hatte mit folgendem Wortlaut:
"In § 12 Abs. 1 dieses Vertrages entfällt die Formulierung "3% der Jahresmiete". Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dafür "100,-" zu vereinbaren."
Diese Änderung war Gegenstand eines Verfahrens auf Verhängung eines Ordnungsgeldes. Durch rechtskräftigen Beschluß des OLG Stuttgart v. 30.12.1986 - 2 W 78/86 - wurde jedoch klargestellt, daß diese Neufassung nicht gegen das in dem Anerkenntnisurteil enthaltene Verwendungsverbot verstoße. In dieser Entscheidung blieb offen, ob diese Regelung, Beteiligung des Mieters an Reparaturkosten mit 100,-, einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG standhalte oder nicht.
Inzwischen verwendet und empfiehlt der Beklagte sein MV, das in § 12 Nr. 1 folgenden Wortlaut hat:
"§ 12 Schäden an den Mieträumen
1. Die Kosten für auch ohne Verschulden des Mieters notwendige Reparaturen an den ihm überlassenen Zentralheizungsanlagen und Warmwasserversorgungsanlagen, an Öfen. Herden, Spültischen, Türen, Schlössern, Fenstern, Fensterläden, Rolläden, Jalousien, Markisen, WC- und Badeeinrichtungen, Gasleitungen und Wasserleitungen, Handwaschbecken, Bodenbelägen, elektrischen Einrichtungen, Gemeinschaftsantennen hat der Mieter bis einschließlich 100,- DM im Einzelfall auf sich zu nehmen und sich bei größerem Aufwand mit dem genannten Betrag zu beteiligen. Dasselbe gilt im Falle einer Neuanschaffung eines der genannten Gegenstände. Den darüber hinausgehenden Betrag trägt der Mieter ebenfalls, wenn er den Schaden nicht rechtzeitig vorher angezeigt hat.
Mit seiner nach § 13 AGBG erhobenen Klage begehrt der Kläger Unterlassung der Empfehlung und Verwendung dieses MV. Der Kläger ist der Auffassung, daß die in dem Formular enthaltene Verpflichtung des Mieters, sich in jedem Reparaturfalle mit DM 100,- zu beteiligen, gegen wesentliche Grundgedanken des gesetzlichen Mietrechts verstoße. Eine verschuldensunabhängige Haftung für Schäden sei ...