Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksame Klauseln in einem formularmäßigen Mietvertrag: Mieterhöhung bei steigenden Verwaltungskosten. Duldungspflicht des Mieters bezüglich Modernisierungsmaßnahmen

 

Orientierungssatz

1. Eine Klausel in einem formularmäßigen Mietvertrag über Mieterhöhungen bei steigenden Verwaltungskosten durch Einbeziehung dieser Kosten in die umlagefähigen Mietnebenkosten ist unwirksam.

2. Eine Klausel in einem formularmäßigen Mietvertrag, durch die der Eindruck erweckt wird, der Mieter sei verpflichtet, die vom Vermieter beabsichtigten baulichen Maßnahmen zur Verbesserung und/oder Modernisierung der Mietwohnung und des Mietshauses uneingeschränkt und widerspruchslos hinzunehmen, stellt eine unangemessene Benachteiligung dar und ist unwirksam.

 

Tatbestand

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der beklagte Verein, u.a. Interessenvertreter für Vermieter, empfiehlt seinen Mitgliedern den Abschluß von Mietverträgen nach einem von ihm verfaßten und herausgegebenen Mietvertragsformular, zur Zeit in der Fassung mit der Nr. 1/83. Dieses Formular wird aber nicht nur den Mitgliedern des Beklagten zum Gebrauch empfohlen, es ist auch anderweitig für dritte Personen auch über den Handel zugänglich.

Der klagende Verein, Interessenvertreter von Mietern, begehrt von dem Beklagten Unterlassung der Verbreitung und Empfehlung des Mietvertragsformulars (MV), weil es in mindestens drei vorgedruckten Regelungen gegen Verbotsnormen des AGBG verstoße, und zwar in den §§ 3, 8 und 12, die folgenden Wortlaut haben und insgesamt wie folgt vorgedruckt angeordnet sind:

§ 3 Mietzins (Vom Abdruck wird abgesehen. 3 MV sieht u.a. die Vereinbarung von Vorauszahlungen auf abzurechnende Verwaltungskosten vor. Vgl. dazu jetzt OLG Koblenz - RE - WM 1986, 50).

§ 8 Ausbesserungen und bauliche Veränderungen durch den Vermieter

1. Der Vermieter darf Ausbesserungen und bauliche Veränderungen, die zur Erhaltung oder zum Ausbau des Gebäudes oder der Mieträume oder zur Abwendung drohender Gefahren oder zur Beseitigung von Schäden notwendig werden, auch ohne Zustimmung des Mieters vornehmen. Das gilt auch für Arbeiten und bauliche Maßnahmen, die zwar nicht notwendig, aber zweckmäßig sind, insbesondere der Modernisierung des Gebäudes dienen.

2. Der Mieter hat die in Betracht kommenden Räume zugänglich zu halten und darf die Ausführung dieser Arbeiten nicht hindern oder verzögern; andernfalls hat er die dadurch entstehenden Unkosten zu tragen.

§ 12 Schäden an den Mieträumen (Vom Abdruck wird abgesehen. Vgl. dazu LG Stuttgart - 20066/87 - WM 1987, 254)

Der Kläger ist der Ansicht, daß die in § 3 MV enthaltene Regelung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften über die Miethöhe verstoße, weil außer den Betriebskosten auch Verwaltungskosten neben der Grundmiete als zusätzlich zu zahlende Unkosten aufgeführt seien. Nach § 4 i.V.m. § 10 Abs. 1 MHG sei dies gesetzwidrig und verstoße damit zugleich gegen § 9 AGBG.

Die in § 8 MV des Beklagten enthaltene Regelung über die Duldungspflicht des Mieters bei Modernisierungsmaßnahmen sei gesetzwidrig und damit auch ein Verstoß gegen § 9 AGBG, weil die nach § 541b BGB dem Mieter unabdingbar zustehenden Rechte abgeschnitten würden.

Bezüglich der Reparaturkostenklausel nach § 12 Nr. 1 erster Satz MV erging Teilanerkenntnisurteil v. 3.1.1986. Nach dessen Erlaß verwendet, empfiehlt und vertreibt der Beklagte sein Mietvertragsformular weiter, jedoch in abgeänderter Weise. (Vgl. auch dazu LG Stuttgart WM 1987, 254)

 

Entscheidungsgründe

Der Kläger ist gem. § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG i.V.m. § 1(2) seiner Satzung zur Klage befugt. Die erhobene Klage ist auch begründet.

Beide noch streitigen, vom Kläger beanstandeten Teile des Mietvertragsformulars des Beklagten verstoßen gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, benachteiligen Vertragspartner in unangemessener Weise und sind deshalb gem. § 9 AGBG unwirksam.

I. Zum Klageantrag 1a ("§ 3 Mietzins" - Einbeziehung von Verwaltungskosten -). (Vom Abdruck wird abgesehen).

II. Zum Klageantrag 1b ("§ 8 Ausbesserungen und bauliche Veränderungen durch den Vermieter").

Auch die beanstandete Regelung in § 8 MV der Beklagten hält einer Überprüfung ihrer Vereinbarkeit mit den Vorschriften des AGBG nicht stand. Die hier vorgedruckte Vertragsklausel ist zumindest geeignet, bei Mietern, denen das Formular entsprechend der Empfehlung der Beklagten von Vermietern gestellt wird (§ 1 AGBG), den Eindruck zu erwecken, sie seien verpflichtet, die vom Vermieter beabsichtigten baulichen Maßnahmen zur Verbesserung und Modernisierung der Mietwohnung und des Miethauses widerspruchslos hinzunehmen.

Wie vorstehend ausgeführt, ist bei der Prüfung des Inhalts von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) stets davon auszugehen, wie eine vorformulierte Vertragsklausel von einem juristisch nicht gebildeten Laien verstanden wird oder verstanden werden kann. Deshalb muß davon ausgegangen werden, daß ein durchschnittlich gebildeter Mieter die gesetzliche Regelung des § 541b BGB (in Kraft seit 1.1.1983 anstelle des...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge