Verfahrensgang
AG Trier (Urteil vom 21.01.2005; Aktenzeichen 32 C 635/04) |
Tatbestand
Die Beklagte betreibt in Trier ein Selbstbedienungskaufhaus. In den Geschäftsräumen der Beklagten werden unter anderem Getränkeflaschen in aufgeschnittenen und übereinander auf Regalböden gestapelten Kartons zum Kauf angeboten. Mit der Behauptung, als sie am 9. Juni 2004 im Kaufhaus der Beklagten eine Glasflasche des Getränks "Palmero" aus einem Karton entnommen habe, der auf einem weiteren offenen Karton auf dem vierten Regalboden von unten in etwa 1,85 -1,90 m Höhe gestanden habe, seien aus demselben Karton zwei Glasflaschen gefallen und ihr gegen den rechten Fuß und Unterschenkel geschlagen, begehrt die Klägerin von der Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Das Amtsgericht hat mit zutreffenden tatsächlichen Feststellungen, auf die die Kammer Bezug nimmt, die Klage abgewiesen.
Die Berufungskammer hat zum Unfallhergang Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin G.
Entscheidungsgründe
Die gegen das Urteil des Amtsgerichts Trier eingelegte Berufung der Klägerin ist in der Sache teilweise begründet.
Der Klägerin steht aufgrund des Vorfalls vom 9. Juni 2004 gegen die Beklagte gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 2, 253 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 600,- EUR und Schadensersatz in Hohe von 115,52 EUR wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu.
Die Klägerin hat die Geschäftsräume der Beklagten als potentielle Kundin betreten. Zwischen der Klägerin und der Beklagten bestand daher ein vorvertragliches Schuldverhältnis gem. §§ 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB mit Schutz- und Obhutspflichten. Danach obliegt der Beklagten die Pflicht, in ihren Verkaufsräumen dafür Sorge zu tragen, Gefahren für die körperliche Unversehrtheit ihrer Kunden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fern liegender bestimmungswidriger Benutzung drohen, weitestgehend abzuwenden (sog. Verkehrssicherungspflicht).
Das Stapeln von aufgeschnittenen Kartons mit Glasflaschen in einer Höhe von etwa 1,85 -1,90 m stellt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar. Die Beklagte war verpflichtet, ihre Waren in den Regalen so anzuordnen, dass daraus keine Gefahren für ihre Kunden entstehen.
Zwar ist es nie ganz auszuschließen, dass Kunden Waren unsachgemäß entnehmen oder zurückstellen und dadurch die Standsicherheit anderer Waren gefährden. Die Beklagte trifft keine Pflicht, dieses Risiko völlig auszuräumen, da dies nicht möglich ist. Jedoch hat die Beklagte durch die Stapelung von offenen Kartons mit Glasflaschen in 1,85 -1,90 m Höhe ein besonderes Risiko geschaffen. Die Stapelung von an einer Seite aufgeschnittenen Kartons ist an sich schon instabil. Diese Aufbewahrungsart birgt zudem von vornherein die Gefahr, dass Kunden, die die obere Reihe nicht erreichen können, Flaschen aus der unteren Kartonreihe entnehmen, wodurch die Standsicherheit der oberen Kartonreihe gefährdet wird, was für nachfolgende Kunden nicht ohne weiteres ersichtlich ist. Weiterhin begründet die von der Beklagten praktizierte Aufbewahrungsart das Risiko, dass auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt durch den Kunden beim Herausnehmen einer Flasche allein durch die Bewegung des Heraus- und .Herunterziehens der Flasche die Standsicherheit der anderen Flaschen gefährdet wird. Bei der von der Beklagten praktizierten Aufbewahrungsart kann der durchschnittliche Kunde regelmäßig nicht erkennen, wie die hinteren Flaschen in den oberen Kartons aufgestellt sind. Der Kunde kann daher nicht vorhersehen, wie sich die Entnahme einer Flasche auf die Standsicherheit der übrigen Flaschen auswirkt.
Gerade in einem Selbstbedienungsladen müssen die angebotenen Waren aber so aufgestellt sein, dass ein durchschnittlicher Kunde jedes gewünschte Produkt problemlos erreichen kann. Die von der Beklagten praktizierte Aufbewahrungsart ist in (preisgünstigen) Warenhäusern auch nicht allgemein üblich. In anderen (preisgünstigen) Warenhäusern werden Glasflaschen nicht in so großer Höhe in offenen Kartons übereinander gestapelt. Der in der von der Beklagten praktizierten Aufbewahrungsart liegende Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht kann durch regelmäßige Kontrollen der Regale auch nicht ausgeräumt werden, da diese nicht geeignet sind, der erheblichen Gefahr, die von den gestapelten Glasflaschen ausgeht, adäquat entgegen zu wirken. Die diesbezügliche Behauptung der Beklagten kann daher als wahr unterstellt werden.
Die Beklagte hat die Pflichtverletzung gem. § 276 Abs. 1 BGB zu vertreten. Sie handelte fahrlässig gem. § 276 Abs. 2 BGB, da ihre Angestellten durch das Aufstapeln von Glasflaschen in offenen Kartons in einer Höhe von 1,85 - 1,90 m die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen haben und dies der Beklagten gem. § 278 S. 1 BGB zuzurechnen ist.
Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass sich der Vorfall vom 9. Juni 2004 so wie von der Klägerin dargelegt zugetragen und die Klägerin durch die hera...