Verfahrensgang

AG Trier (Aktenzeichen 32 C 51/05)

 

Tenor

  • Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Trier vom 08.04.2005 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.168,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 29.12.2004 zu zahlen und den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 104,65 Euro gegenüber den Rechtsanwälten ... freizustellen.

    Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.168,81 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall. Der Kläger ist Taxiunternehmer; ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter Pkw fuhr am 01.11.2004 auf das an einer roten Ampel haltende Mercedes-Taxi des Klägers auf. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht dem Grunde nach nicht im Streit.

Der Kläger hat ein Privatgutachten des Sachverständigen ... eingeholt, wonach die Reparaturkosten 11.732,38 Euro netto betragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 6ff. d. A.) Bezug genommen. Anschließend ließ der Kläger den Pkw nicht - wie vom Sachverständigen zugrunde gelegt - in einer Daimler-Chrysler Vertragswerkstatt, sondern durch das freie Unternehmen ... reparieren. Aufgrund unterschiedlich hoher Stundensätze lag die Reparaturkostenrechnung 1.721,42 Euro unter den vom Gutachter ermittelten Kosten, so dass die Beklagte lediglich den niedrigeren Rechnungsbetrag erstattete. Die Differenz verlangt der Kläger mit seiner Klage.

Während der Dauer der Reparatur nahm der Kläger ein Miettaxi in Anspruch, für das ihm die Taxi-Zentrale 3.680,-- Euro netto berechnete. Hiermit legte er 4.971 km zurück. Die Beklagte hat für jeden gefahrenen Kilometer 15 Cent pauschal an "ersparten Betriebskosten", mithin insgesamt 745,65 Euro abgezogen. Der Kläger hält allenfalls 298,26 Euro (4.971 km á 0,06 Euro) für angemessen und verlangt den Differenzbetrag von 447,39 Euro mit seiner Klage. Wegen der Einzelheiten wird auf seine Berechnung in der Klageschrift (Bl. 4f. d. A.) Bezug genommen.

Letztlich verlangt der Kläger Freistellung bezüglich vorgerichtlich entstandener, nicht anrechenbarer Anwaltskosten in Höhe von 104,65 Euro.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Geschädigte, der einen Kfz-Schaden durch ein Sachverständigengutachten schätzen und das Fahrzeug anschließend reparieren lasse, könne die Reparaturkosten nicht mehr nach Maßgabe des Sachverständigengutachtens, sondern nur noch entsprechend der Rechnung der Reparaturwerkstatt ersetzt verlangen. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen sei nach richterlicher Schätzung nicht zu beanstanden.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger kann von der beklagten Versicherung restliche Reparatur- und Mietwagenkosten sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 7 I StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVG verlangen.

Der Kläger kann seinen Sachschaden trotz durchgeführter Reparatur weiterhin auf der Basis des vorgelegten Privatgutachtens abrechnen. Ein Verstoß gegen das im Schadenersatzrecht zu beachtende Verbot der Bereicherung liegt hier nicht vor.

Im Ausgangspunkt entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Geschädigte grundsätzlich nach § 249 II 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz der objektiv erforderlichen Reparaturkosten hat. Konkret sind dies die in einer Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten, unabhängig davon, ob der Geschädigte sein Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt. Das konkrete Verhalten des Geschädigten beeinflusst die Schadenshöhe nicht, solange die Schadensberechnung das Gebot der Wirtschaftlichkeit und das Verbot der Bereicherung beachtet. Dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht es, dass der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Ihm werden keine überobligatorischen Einbußen abverlangt; andererseits soll er an dem Unfallereignis aber auch nicht "verdienen". Insofern ist die Rechtsprechung des 6. Senats des Bundesgerichtshofs von dem Grundsatz geprägt, dass Dispositionsfreiheit und Wirtschaftlichkeitspostulat einander in Schranken halten. Dies ist von den Gegnern der fiktiven Schadensabrechnung als geschädigtenfreundlich kritisiert worden (Überblick bei Huber, "Fiktive Kfz-Schadensabrechnung de luxe?" in MDR 2003, 1205ff.). Der Bundesgerichtshof hält aber auch in seinen neueren Entscheidungen ausdrücklich an diesen Grundsätzen fest (zuletzt BGH NJW 2005, 1108ff. m.w.N.).

Das Amtsgericht hat die Abweisung der Klage damit begründet, dass der Geschädigte dann nicht mehr in seiner Dispositionsfreiheit beschränkt...

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