Entscheidungsstichwort (Thema)

Sittenwidrigkeit eines Time-Sharing-Vertrages mit Auslandsbezug. Kostenentscheidung des Gerichts nach Prozeßvergleich

 

Orientierungssatz

1. Auf Time-Sharing-Verträge über Ferienwohnungen in Spanien, in denen als anwendbares Recht das Recht der Isle of Man vereinbart ist, ist BGB § 138 Abs 1 trotz dieser Rechtswahlklausel jedenfalls über EGBGB Art 34 (juris: BGBEG) anwendbar.

2. BGB § 138 ist ein Korrektiv, das der autonomen Rechtsgestaltung dort eine Grenze setzt, wo sie in Widerspruch zu den Grundprinzipien der deutschen Rechts- und Sittenordnung tritt und dadurch diese und als Folge hiervon die Privatautonomie gefährdet.

Letztlich ist BGB § 138 somit auch eine Schutzvorschrift für eine funktionierende Privatautonomie, indem sie deren Mißbrauch verhindert.

3. Sittenwidrigkeit einer Time-Sharing-Vertrages kann sich - auch - aus dem Gesamtcharakter des Vertragswerkes ergeben, dh aus der umfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts. Bei der Gesamtschau sind auch die Umstände zu berücksichtigen, die zur Vornahme des Rechtsgeschäfts geführt haben (Anschluß BGH, 1993-10-26, XI ZR 42/93, NJW 1994, 262).

4. Die Summe der nachfolgend aufgelisteten Umstände begründet die Sittenwidrigkeit des zu beurteilenden Time-Sharing-Vertrages:

- Urlauber auf Gran Canaria wurden gezielt im Rahmen einer Lotterie angesprochen, in die Geschäftsräume des Vertragsvermittlers verbracht und anschließend wurden dort die Verkaufsgespräche geführt und der Vertragsabschluß getätigt, wobei gezielt die lockere Urlaubsstimmung der Kunden ausgenutzt wurde;

- der Vertrag läßt erst bei genauem Durchlesen der auf der Vertragsrückseite abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen erkennen, ob ein dingliches oder schuldrechtliches Wohnrecht erworben wird, der Kunde wird also über seine Rechtsposition im Unklaren gelassen;

- der Vertrag sowie die Vertragsbeziehungen sind in vielfacher Weise rechtlich und finanziell intransparent; die Nichtangabe wesentlicher Umstände führt zu einer Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse und der auf den Erwerber zukommenden finanziellen Belastungen;

- der Vertrag enthält keine Absicherung des Erwerbers gegen das Insolvenzrisiko auf seiten des Vermittlers bzw des Eigentümers der Ferienwohnanlage.

5. Haben sich die Parteien im Rechtsstreit über die Wirksamkeit eines Time-Sharing-Vertrages vergleichsweise geeinigt, es dabei aber dem Gericht überlassen, über die Kosten des Verfahrens nach ZPO § 91a zu entscheiden, so ist das Gericht bei der Kostenentscheidung nicht durch eine im Rahmen der Vergleichsverhandlungen geäußerte Ansicht der Parteien zur Kostenquotelung gebunden. Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die Parteien ihre Einschätzung ausdrücklich zur Vergleichsgrundlage gemacht haben.

 

Tenor

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Gründe

I.

Die Klägerin machte gegen die Beklagten einen Anspruch aus dem Erwerb eines Time-Sharing-Anteils für ein Appartement in einer Ferienwohnanlage geltend.

1) Die Klägerin, ..., hat ihren Sitz auf der ... Sie vertreibt Time-Sharing-Anteile an der Ferienanlage ... ist jedoch nicht Eigentümerin dieser Anlage. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat die Vertragsbeziehungen der am Vertrieb der Ferienanlage Mitwirkenden in der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 1994 wie folgt erläutert:

"Eigentümerin der Ferienwohnanlage ist die .... Diese ist jedoch nur als formale Grundeigentümerin im spanischen Grundbuch eingetragen und unwiderruflich an die Club-Satzung der ... (-- die rechtlich einem deutschen nichtrechtsfähigen Verein entspricht --) gebunden, in der die Wohnrechtserwerber automatisch Mitglieder werden und durch die auch der Vertrieb der Wohnrechte erfolgt. Die einzelnen Wohnrechtszertifikate, die durch die ... vertrieben werden, befinden sich in den Händen einer deutschen Treuhänderin, .... Diese darf die Eigentumsanteile aufgrund des Treuhandvertrages nur im Fall eines Verkaufsbeschlusses herausgeben und ist von der ... dazu beauftragt, die Kaufpreiserlöse in Deutschland bei den Käufern einzuziehen. Wirtschaftlich hat sie mit der ... nichts zu tun, rechtlich bestehen jedoch Verpflichtungen einerseits gegenüber den einzelnen Wohnrechtserwerbern, andererseits gegenüber den beiden vorgenannten Gesellschaften. Darüberhinaus bestehen vertragliche Beziehungen der deutschen Treuhänderin zur ... (= Verwaltungsgesellschaft, deren Funktion in der mündlichen Verhandlung nicht klar wurde und die ihren Sitz ebenfalls auf ... --), und zu einem portugiesischen Investor, einem Rechtsanwalt. Dieser Investor pflegt wiederum auch vertragliche Beziehungen ... der Klägerin."

Wohin die Erlöse für die Time-Sharing-Anteile fließen, konnte nicht abschließend geklärt werden. Die Klägerin hat insoweit einerseits erläutert, daß diese an den portugiesischen Investor gehen, der damit die bisher nicht veräußerten Wohnrechte bezahle, andererseits dargelegt, daß diese teilweise an sie selbst, teilweise an die Vertriebsleute und teilweise an ...

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