Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche aus Wohnraummietverhältnis. Wohnraummiete: Beweislast des Mieters für Gesundheitsgefährdung durch baulich verarbeitete Materialien mit Holzschutzmitteln; Streitwertbemessung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Der Mieter muß beweisen, daß in der Wohnung baulich verarbeitete Materialien Holzschutzmittel enthalten, die konkret eine Gesundheitsgefährdung bewirken, sofern er einen Mangel der Mietsache behauptet. Ein Instandsetzungsanspruch setzt sodann voraus, daß die Mängelbeseitigung dem Vermieter zumutbar ist. Es kann jeweils Veranlassung zum Beweiseinzug von Amts wegen zu prüfen sein.
2. Die Streitwertbemessung in diesen Fällen ist höchstens an der Jahresmiete zu orientieren.
Normenkette
BGB §§ 242, 535-537; ZPO §§ 3, 144, 286
Verfahrensgang
AG Münsingen (Urteil vom 07.02.1996; Aktenzeichen 2 C 429/94) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Münsingen vom 7. Februar 1996 (Aktenzeichen: 2 C 429/94) wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
Streitwert in beiden Instanzen: 12.000,00 DM
Tatbestand
(Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäss § 543 I ZPO abgesehen)
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Berufung des Klägers, mit der er auf der Grundlage der in erster Instanz erhobenen Beweise unter Verzicht auf weiteren Beweiseinzug in der Berufungsinstanz (vgl. Schriftsatz vom 8. Oktober 1996, Blatt 280) den Anspruch auf Beseitigung der Holzverkleidung, der Holzkonstruktion im Treppenhaus, der Tapeten und der Teppichböden … in dem von ihm vom Beklagten gemieteten Forstreviergebäudes wegen der Intoxikation durch die im Jahr 1977 bei Errichtung des Gebäudes verwendeten, nach heutiger Erkenntnis als umweltschädlich einzustufenden Holzanstriche (mit Pentachlorphenol, Lindan und Euparen) und die Herstellung eines vertragsgemässen Zustands weiterverfolgt, hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht ist im angefochtenen Urteil die konkrete Gesundheitsgefährdung des Mieters als Voraussetzung für einen Anspruch auf Herstellung eines vertragsgemässen Zustands nach §§ 535, 536 BGB angesehen (vgl. hierzu auch Staudinger-Emmerich, § 537 BGB RN 21) und zutreffend nicht als nachgewiesen erachtet worden. Auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wird insoweit Bezug genommen.
1. Das das Überschreiten von Umweltschutznormen oder Richtwerten, die vor Gesundheitsgefahren schützen sollen, allein nicht ausreicht, um einen Beseitigungs- und Herstellungsanspruch zu begründen, hätte es der Einholung eines toxikologischen Gutachtens bedurft, das der Kläger in der Berufungsbegründung auch beantragt hatte, um die Frage der konkreten Gesundheitsgefährdung durch die erwiesenermaßen vorhandene Intoxikation (vgl. Gutachten des Instituts … vom 28. Juni 1996, Blatt 130/139) zu klären.
Nachdem der Kläger aufgrund seines bevorstehenden Auszugs auf die Einholung des toxikologischen Gutachtens verzichtet hat, besteht auch keine Veranlassung zum Beweiseinzug von Amts wegen durch Begutachtung durch einen Sachverständigen (§ 144 ZPO).
2. Im übrigen wäre mit dem Nachweis einer konkreten Gesundheitsgefährdung des Klägers als Mieter und seiner Familienangehörigen der Erfolg der Klage allein nicht gesichert. Denn eine vertragliche Instandsetzungspflicht ist an die weitere Voraussetzung geknüpft, dass vom Vermieter nichts Unzumutbares verlangt wird (vgl. Staudinger-Emmerich, § 537 RN 22; Bub-Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, III B 1286 bei Zerstörung von Teilen des Mietobjekts).
Unzumutbar ist die Beseitigung des Mangels durch den Vermieter dann, wenn der Aufwand hierfür und die Herstellung des vertragsgerechten Zustands die wirtschaftliche Zumutbarkeitsgrenze für den Vermieter überschreitet. Ein krasses Missverhältnis zwischen Herstellungsaufwand und dem Wert des Mietobjekts sowie den hieraus zu ziehenden Einnahmen darf nicht entstehen. Auch für die Prüfung dieser Voraussetzung hätte es weiteren Beweiseinzugs bedurft.
II.
Die Berufung war daher kostenpflichtig zurückzuweisen (§ 97 ZPO).
Bei der Bemessung des Streitwerts gemäss § 3 ZPO war einerseits das Interesse des Klägers unter Einbeziehung der Kosten für die Herstellung des vertragsgerechten Zustands zu berücksichtigen. Andererseits kann nicht ausser Betracht bleiben, dass die Bemessung sich auch an der Jahresmiete zu orientieren hat. Es wäre nämlich widersprüchlich, den Bestandsschutz an einer Wohnung wegen der Sperrbeträge des § 16 I, II und IV GKG geringer zu bewerten, als den Anspruch auf Beseitigung von Mängel und Wiederherstellung des vertragsgemässen Zustands (vgl. OLG Schleswig, KostRspr GKG § 16 Nr. 75). Aus diesem Grund ist das Mieterinteresse nach oben zu begrenzen. Unter Einbeziehung des jährlichen Mietaufwands erscheint daher der Betrag von 12.000,00 DM angemessen.
Unterschriften
Stöhr, Dr. Erchinger, Barth
Fundstellen