Nachgehend

BGH (Beschluss vom 15.02.2012; Aktenzeichen XII ZB 133/11)

 

Tenor

  • 1.

    Die sofortige Beschwerde des Vaters der Betroffenen gegen den Beschluss des Notariats Geislingen I vom 05.08.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 3.000,00 EUR

 

Gründe

I.

Mit Schriftsatz vom 16.07.2010 hat der Beschwerdeführer, bei dem es sich um den Vater der Betroffenen handelt, die Hinzuziehung als Beteiligter zum Betreuungsverfahren der Betroffenen mit Aktenzeichen I VG 8/2010 beim Notariat Geislingen an der Steige I - Betreuungsgericht - beantragt. Das Notariat hat diesen Antrag mit Beschluss vom 05.08.2010 abgelehnt und dies u.a. damit begründet, dass sich die Betreuungsbehörde mit gewichtigen Gründen gegen eine Hinzuziehung des Beschwerdeführers als Beteiligter ausgesprochen habe, da dies dem Wohle der Betroffenen zuwider laufe. Auch wenn die Gründe hierzu nicht näher dargelegt werden könnten, da dies einer Akteneinsicht durch den Antragsteller gleichkäme, habe die Beweisaufnahme durch das Gericht ergeben, dass eine Hinzuziehung des Beschwerdeführers als Beteiligter nicht dem Interesse der Betroffenen diene.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 16.08.2010 beim Notariat eingegangenen Beschwerde mit der Begründung, dass er der Vater der Betroffenen sei und sowohl die Betroffene als auch er es befürworten würden, dass er Betreuer werde. Es sei daher sinnvoll und angebracht, dass er frühestmöglich am Ver-fahren beteiligt werde. Außerdem seien seine subjektiven Rechte vorliegend betroffen, da die Betreuung Auswirkung auf seine eigenen materiellen, nach öffentlichem und privatem Recht geschützten Positionen habe. Die Betroffene und der Beschwerdeführer hätten ein enges Verhältnis zueinander.

Das Notariat hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 31.08.2010 dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Einzelrichter hat mit Beschluss vom 19.01.2011 die Beschwerdesache gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO auf die Kammer übertragen.

Die Kammer hat am 20.01.2011 die Betroffene, ihre Betreuerin, den Verfahrenspfleger sowie den Beschwerdeführer zur sofortigen Beschwerde des Beschwerdeführers angehört.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 7 Abs. 5 S. 2 FamFG, §§ 567 ff ZPO zulässig, jedoch nicht begründet.

Gemäß § 7 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG kann das Betreuungsgericht im Interesse des Betroffenen die Eltern als Beteiligte am Betreuungsverfahren hinzuziehen. Die Entscheidung des Betreuungsgerichts über die Hinzuziehung des Beschwerdeführers als Kann-Beteiligter gemäß § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG ist eine Ermessens-entscheidung, die allein auf Ermessensfehler hin überprüft werden kann (Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2010, § 7 FamFG Rn. 31). Maßgebliches Kriterium ist, ob die Hinzuziehung des Kann-Beteiligten sachgerecht und verfahrensfördernd ist (vgl. BT-Drucksache 16/6308 S. 179). Maßstab ist dabei allein das wohlverstandene Interesse des Betroffenen (vgl. BT-Drucksache 16/6308 S. 179 und Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2010, § 274 FamFG Rn. 12). Bei dieser Ermessensausübung ist aber auch zu berücksichtigen, dass tragfähige Informationen über Einschränkungen der Lebensbewältigungskompetenz des Betroffenen und seinen tatsächlichen Hilfsbedarf oft am ehesten von Angehörigen zu erwarten sind, die mit dem Betroffenen durch ein Näheverhältnis verbunden sind (Keidel, FamFG-Kommentar, § 274 Rn. 11).

Das Notariat hat den Beteiligungsantrag des Beschwerdeführers im Wesentlichen deshalb abgelehnt, weil der Verdacht geäußert wurde, er misshandle bzw. missbrauche die Be-troffene. Die Anhörung am 20.01.2011 hat ergeben, dass dem Beschwerdeführer diese Verdächtigungen bekannt sind. Er hat sie auch im Rahmen eines Antrittsbesuchs der Betreuerin offen thematisiert.

Obwohl die Missbrauchsvorwürfe gegen den Vater keinen Einfluss auf den weiteren Fortgang und das Ergebnis des bisherigen Betreuungsverfahrens hatten, erscheint es auch nach Auffassung der Kammer nach wie vor nicht sachgerecht und verfahrensfördernd, den Beschwerdeführer vor der Einleitung des Verfahrens über die Fortsetzung der angeordneten Betreuung als Beteiligten im Sinne des § 7 FamFG hinzuzuziehen. Das damit verbundene Recht zur Akteneinsicht des Beschwerdeführers könnte zur Folge haben, dass die Auseinandersetzung mit den von dritter Seite in den Raum gestellten Verdächtigungen gegenüber dem Beschwerdeführer das weitere Betreuungsverfahren belasten. Für den Fall, dass die Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer auch künftig nicht weiter verfolgt werden, spricht nach Auffassung der Kammer nichts dagegen, den Beschwerdeführer im Rahmen des anstehenden Verfahrens zur Entscheidung des Notariats, ob und wie die Betreuung aufrechterhalten wird, als Beteiligten gemäß § 7 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG hinzuziehen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO entsprechend.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf dem geschätzten I...

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