Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe einer Wohnung
Verfahrensgang
AG Ehingen (Urteil vom 27.04.1979; Aktenzeichen C 70/79) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ehingen vom 27. April 1979 – C 70/79 – wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist statthaft und zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO).
III.
Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, daß das zwischen den Parteien vereinbarte Mietverhältnis nicht rechtswirksam aufgekündigt worden ist.
1. Gegenstand des Mietverhältnisses ist eine Werkmietwohnung, da der Wohnraum den – bei der Klägerin im Zeitpunkt der Vereinbarung des Mietvertrages vom 11. November 1974 als Arbeitnehmer beschäftigten – Beklagten mit Rücksicht auf das Bestehen ihres Dienstverhältnisses vermietet worden ist. Nicht hingegen handelt es sich um eine funktionsgebundene Werkmietwohnung (§§ 565 b, 565 c Abs. 1 Nr. 2, 565 d Abs. 3 Nr. 1 BGB) oder eine Werkdienstwohnung (§§ 565 b, 565 e BGB).
2. Grundlage der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen sind die zwischen der Klägerin und den beklagten Eheleuten als Arbeitnehmer geschlossenen Dienstverträge einerseits und die zwischen der Klägerin und den beklagten Eheleuten vereinbarten Mietverträge andererseits.
Nach herrschender Rechtsprechung und Lehre werden bei der Unterzeichnung eines Mietvertrags über Wohnraum durch beide Eheleute zwei selbständig voneinander bestehende, aber miteinander verbundene Mietverhältnisse in dem Sinne begründet, daß das eine nicht ohne das andere bestehen soll (Erman-Schopp, BGB, 6. Aufl. 1975, § 535 Rdz. 17 m. N.; Schopp, ZMR 1976/321, 325). Hieraus ergeben sich für die Wirksamkeit der gegenüber beiden Beklagten ausgesprochenen Kündigung der Mietverträge Beschränkungen, wie im Nachfolgenden näher ausgeführt.
3. Soweit die Kündigung des Mietvertrages gegenüber dem beklagten Ehemann in Betracht steht, ist festzustellen.
a) Die mit Schreiben der Klägerin vom 6. September 1978 ausgesprochene Kündigung des Mietvertrages ist nach Beendigung des – vom Beklagten fristlos aufgekündigten – Dienstverhältnisse mit der Klägerin erfolgt. Der Klägerin stand dementsprechend gegenüber dem Beklagten, insbesondere was die Einhaltung von Kündigungsfristen angeht, offen, die Kündigung wahlweise auf die allgemeine Vorschrift es § 565 BGB oder auf die Vorschrift des Sonderkündigungsrechts nach den §§ 565 b bis e zu stützen. In beiden Fällen jedoch blieben auf die Kündigung die Vorschriften der §§ 564 a, 564 b BGB anwendbar (Schmidt-Futterer/Blank, WohnraumschutzG, 3. Aufl., 1979, Rdn. B 510, 511, 639; Errman-Schopp aaO, § 564 b Rdz. 7, § 565 e Rdz. 3; Palandt-Putzo, BGB, 38. Aufl. 1979, Vorbem. v. §§ 565 b bis c, Anm. 1 d; LG Ravensburg WuM 1977/259; zu dem bis 31.12.1974 geltenden Recht; AG Stuttgart WuM 1974/126; LG Karlsruhe WuM 1974/243). Es kann deshalb insoweit dahinstehen, ob die Klägerin ihre Kündigung vom 6. September 1978 – zumindest auch – auf das Sonderkündigungsrecht der §§ 565 b bis e BGB gestützt hat.
Die Klägerin hat die Darlegung des Kündigungsgrundes in ihrem Schreiben vom 6. September 1978 auf den Hinweis beschränkt, sie sehe sich „wegen dringenden Eigenbedarfs” zur Aufkündigung des Mietverhältnisses gezwungen. Von einer weitergehenden Erläuterung hat sie hingegen – ohne etwa einen allgemeinen oder konkreten betrieblichen Bedarf geltend zu machen – Abstand genommen. Mit diesem Inhalt aber kann die Kündigung im Schreiben vom 6. September 1978 nicht zur wirksamen Auflösung des Mietvertrags führen (§§ 564 a Abs. I S. 2, 564 b Abs. 3 BGB; Schmidt, Futterer/Blank a.a.O. Rdn. B 5447; Palandt-Putzo a.a.O. § 564 b Anm. 5 b; LG Mannheim MDR 1976/403 = WuM 1976/77; LG Hamburg WuM 1977/30; LG Karlsruhe MDR 1978/627; zum alten Recht: LG Essen WuMM 1973/136; AG Stuttgartt WuM 1974/126; LG Köln WuM 1976/182). Dabei bedarf keiner Entscheidung die Frage, ob die fehlende oder unzureichende Bezeichnung des Kündigungsgrunds im Kündigungsschreiben zur Unwirksamkeit der Kündigung führt, weil ihr bereits eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung fehlt (Schmidt-Futterer/Blank a.a.O. Rdn. B 547; LG Mannheim MDR 1976/403 = WuM 1976/77; LG Hamburg WuM 1977/30; LG Karlsruhe MDR 1978/627), oder ob, wozu die Kammer neigt, die fehlende oder unzureichende Bezeichnung des Kündigungsgrundes die formelle Wirksamkeit der Kündigung unberührt läßt (Palandt-Putzo a.a.O. § 564 a Anm. 2; Gelhaar-BGB RGRK 12. Aufl. 1978, § 564 b Anm. 37; Staudinger-Sonnenschein, BGB 12. Aufl. 1978, § 564 a Anm. 23; Braxmeier WM 1976/2, 7). Ihre Berücksichtigung als begründet indessen nach § 564 b Abs. 3 BGB ausschließt. Ein Sachverhalt jedenfalls der es zuliesse, den Hinweis auf „dringenden Eigenbedarf” als Konkretisierung oder als immerhin hinreichen...