Leitsatz (amtlich)
Selbständige Kostenentscheidungen im Sinne des § 473 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO, die nach Zurücknahme einer Revision erlassen werden, können nicht mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden. Ist in einem solchen Falle aber die von Gesetzes wegen zu treffende Auslagenentscheidung unterblieben, so kann diese von Amts wegen oder auf - nicht fristgebundenen - Antrag hin gemäß § 33a S. 1 StPO unter dem Gesichtspunkt der Verletzung rechtlichen Gehörs nachgeholt werden.
Tenor
Der Beschluss des Landgerichts Verden - 12. kleine Strafkammer - vom 6. Oktober 2011 wird dahingehend ergänzt, dass die Landeskasse auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Revisionsverfahren zu tragen hat.
Gründe
Durch Beschluss vom 6. Oktober 2011 (vgl. Bl. 90 Bd. II d.A.) hat das Landgericht Verden - 12. kleine Strafkammer - der Landeskasse "die Kosten der Revision" auferlegt, nachdem die Staatsanwaltschaft Verden ihre Revision vom 7. Juli 2011 (vgl. BI. 59 Bd. II d.A.) gegen das Urteil des Landgerichts Verden - 12. kleine Strafkammer - vom 6. Juli 2011 (vgl. BI. 70 ff. Bd. II d.A.) mit Verfügung vom 15. September 2011 (vgl. Bl. 83 Bd. 11 d.A.) zurückgenommen hatte. Dabei wurde übersehen, der Landeskasse gemäß § 473 Abs. 2 5. 1 StPO auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen, sodass es insoweit an einer Kostengrundentscheidung, auf deren Grundlage der Angeklagte seine notwendigen Auslagen geltend machen könnte, fehlt. Das Rechtsmittel der - fristgebundenen - sofortigen Beschwerde nach § 464 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 StPO stand dem Angeklagten gegen die unterlassene Auslagenentscheidung vorliegend nicht zu, weil § 464 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 StPO die sofortige Beschwerde für unzulässig erklärt, wenn eine Anfechtung der Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Dies bedeutet, dass selbständige Kostenentscheidungen im Sinne des § 473 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO, die nach Zurücknahme einer Revision erlassen werden, nicht mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden können (vgl. Gieg in: Hannich (Hrsg.), Karlsruher Komm. zur StPO, 6. Aufl., 2008, § 464 Rdnr. 8). Ist in einem solchen Falle aber die von Gesetzes wegen zu treffende Auslagenentscheidung unterblieben, so kann diese von Amts wegen oder auf - nicht fristgebundenen - Antrag hin gemäß § 33a S. 1 StPO unter dem Gesichtspunkt der Verletzung rechtlichen Gehörs nachgeholt werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., 2011, § 464 Rdnr. 12; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4. Dezember 2009, Az. 1 Ws 244/09, ≪[...]≫ Rdnr. 3 m. w. Nachw.; a.A. indes OLG Oldenburg, Beschl. v. 2. März 2006, Az. 1 Ws 123/06, ≪[...]≫ Rdnr. 6). Für eine Anwendung des § 33a S. 1 StPO spricht dabei im vorliegenden Falle auch (und anders als in der Konstellation, die der Entscheidung des OLG Oldenburg zugrunde lag), dass dem Angeklagten nach der Zurücknahme der Revision der Staatsanwaltschaft und vor Erlass des unvollständigen Kostenbeschlusses - soweit aus der Akte ersichtlich - tatsächlich kein rechtliches Gehör gewährt worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 4022701 |
StRR 2012, 322 |