Verfahrensgang
AG Syke (Entscheidung vom 14.01.2004; Aktenzeichen 7 Cs 592/03) |
Tenor
In dem Bußgeldverfahren wird auf die Beschwerde des Beschwerdeführers Rechtsanwalt ... vom 30. Januar 2004 der Beschluss des Amtsgerichts Syke vom 14. Januar 2004 (Az.: 7 Cs 592/03) aufgehoben und der Antrag der Polizeidirektion Zentrale Dienste Mittelfranken - Dezernat Zentrale Verkehrsaufgaben - auf Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.
Die Entscheidung unterliegt keiner weiteren Anfechtung (§ 310 Abs. 2 StPO).
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere statthaft und wurde formgerecht eingelegt, und führte in der Sache zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer ist als von der Maßnahme Betroffener insbesondere gem. § 306 Abs. 2 StPO beschwerdeberechtigt.
I.
Die Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung ist zulässig, da in Fällen der Wohnungsdurchsuchung in der Regel ein tief greifender, tatsächlich aber nicht mehr
fortwirkender Grundrechtseingriff vorliegt, die Belastung durch die Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf aber auf eine Zeitspanne beschränkt ist, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung im Beschwerdeverfahren kaum erlangen kann (Meyer - Goßner, StPO, 47. Auflage, Rn 18a zu Vor § 296 StPO m.w.N.). Nichts anderes kann für die Durchsuchung von Kanzleiräumen gelten. Soweit die Beschlagnahme eines sichergestellten Schaublattes angeordnet wurde, wirkt die Maßnahme auch fort, da sie sich noch bei den Akten befindet (Bl. 46 d.A.). Die Beschwerde darf aus diesen Gründen nicht wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden, sondern es ist die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu überprüfen und gegebenenfalls deren Rechtswidrigkeit festzustellen.
II.
Die Beschwerde ist auch begründet, weil die Voraussetzungen für eine Durchsuchung der Kanzlei des Verteidigers des Betroffenen, RA xxx und der dortigen Beschlagnahme eines Schaublattes gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 94, 98, 100, 103, 105 StPO mangels Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht vorgelegen haben. Zwar ist der Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses gemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit §§ 102 ff StPO zum Auffinden von Beweismitteln grundsätzlich zulässig. Voraussetzung ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein nicht nur vager Tatverdacht und die Maßnahme darf nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und dem Eingriff in die Rechte des Betroffenen stehen (Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 13. Auflage, Rn 108 vor § 59 OWiG; Karlsruher Kommentar, Ordnungswidrigkeitengesetz, 2. Auflage, Rn 127 zu Vor § 53 OWiG).
1.
Ferner bestand gegen den Betroffenen wegen des Verdachts der Verkehrsordnungswidrigkeit nach dem Stand der Ermittlungen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses ein nicht nur vager Tatverdacht. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
2.
Auch lagen die formalen Voraussetzungen für die Durchsuchung der Kanzlei des Verteidigers des Betroffenen RA xxx gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 103 Abs.1 Satz 1, 3. Alt. StPO vor. Es bestanden konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Durchsuchung der Kanzleiräume zum Auffinden des gesuchten Schaublatts führen wird. Mit Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 17. Oktober 2003 teilte dieser mit, dass die von dem Polizeikommissariat Weyhe angeforderte Tachoscheibe nicht herausgegeben werde (Bl. 24 d.A.). Einer Kurzmitteilung des xxx vom 29. November 2003 ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer ihm gegenüber dahingehend geäußert hat, dass im Falle einer Anordnung der Beschlagnahme durch einen Richter die Scheibe dann sofort ausgehändigt werde. Der Halter hat ebenfalls mitgeteilt, dass die Diagrammscheibe beim Beschwerdeführer liegen würde, da dieser sie verlangt habe (Bl. 39 d.A.). Das gesuchte Schaublatt war in dem angefochtenen Beschluss mit Angabe des amtlichen Kennzeichen des Fahrzeugs xxx zudem bestimmt genug bezeichnet.
3.
Der Beschlagnahme des Schaublattes stand auch nicht das Beschlagnahmeverbot § 97 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO entgegen, welcher im Ordnungswidrigkeitenverfahren gem. § 46 Abs. 1 OWiG sinngemäß Anwendung findet. Überführungsstücke sind nicht beschlagnahmefrei, wenn der Beschuldigte sie seinem Verteidiger übergeben hat, auch dann nicht, wenn der Beschuldigte das Beweismittel zur Verteidigungsunterlage erklärt (Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Auflage, Rn 24 zu § 97 StPO; Meyer-Goßner, a. a. O, Rn 39 zu § 97 StPO). Der Aussagegehalt eines Schaublattes betrifft nicht das Vertrauensverhältnis zwischen dem Betroffenen und seinem Verteidiger. Das Schaublatt ist vielmehr ein objektives Beweismittel, das in diesem Verfahren dem Nachweis einer Ordnungswidrigkeit dienen kann.
4.
Die Maßnahme verstößt jedoch angesichts des lediglich gering...