Verfahrensgang
AG Walsrode (Beschluss vom 31.08.2006; Aktenzeichen 11 IK 125/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Walsrode vom 31.08.2006 aufgehoben. Das Verfahren wird an das Amtsgericht Walsrode zur weiteren Behandlung zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Mit Schriftsatz vom 28.06.2006 beantragte der Schuldner, für den das Amtsgericht Rotenburg eine rechtliche Betreuung angeordnet und Rechtsanwalt … zum Betreuer u. a. mit den Aufgabenkreisen „Vermögenssorge, Rechts- / Antrags- und Behördenangelegenheiten„ bestellt hatte, durch seinen Betreuer die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Gleichzeitig stellte er den Antrag auf Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten. Seinem Antrag war unter anderem als Anlage 2 auf dem amtlichen Vordruck die „Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO)„ beigefügt, die von Rechtsanwalt … ausgefüllt und unterschrieben worden war.
Das Amtsgericht vertrat die Auffassung, dass Rechtsanwalt … als Betreuer nicht selbst das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs bescheinigen könne. Es setzte ihm mit Schreiben vom 24.07.2006 eine Frist von einem Monat zur Vorlage einer Bescheinigung gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Nach Fristablauf stellte es durch Beschluss vom 31.08.2006 fest, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung als zurückgenommen gelten. Dagegen legte Rechtsanwalt … nach Zustellung am 04.09.2006 mit bei Gericht am 15.09.2006 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde ein. Darin wies er darauf hin, dass das Amtsgericht in Parallelverfahren keine Bedenken geäußert habe. Es bestehe auch keine Interessenkollision, so dass der Betreuer „geeignete Stelle” im Sinne des § 305 InsO sein könne.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Entscheidungsgründe
Die sofortige Beschwerde gegen die gemäß § 305 Abs. 3 Satz 2 InsO getroffene Entscheidung des Amtsgerichts ist gemäß § 6 InsO statthaft (vgl. OLG Celle ZIP 2000, 802 ff. – zitiert nach juris Rd. 12 m.w.N.).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, denn der Schuldner hatte bereits bei Stellung des Antrages auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens die erforderliche Bescheinigung gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgelegt. Die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, dass der Betreuer des Schuldners als Rechtsanwalt nicht zugleich „geeignete Person” im Sinne der vorgenannten Vorschrift sein könne, findet im Gesetz keine Stütze.
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Nds. AGInsO gelten die Angehörigen rechtsberatender Berufe, also insbesondere Rechtsanwälte und Notare, als „geeignete Personen„. Grund hierfür ist, dass bei diesen Personen durch das Berufs- und Standesrecht eine verantwortungsbewusste Tätigkeit gesichert ist. Hat ein Rechtsanwalt dem Schuldner die erfolglose außergerichtliche Einigung bescheinigt, besteht im Hinblick auf die Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) kein Anlass, daran zu zweifeln und weitere Nachweise zu fordern (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 2001, 340 f.). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der bescheinigende Rechtsanwalt zugleich rechtlicher Betreuer des Schuldners ist. Er nimmt eine Doppelfunktion wahr, als gesetzlicher Vertreter im Rahmen seines Aufgabenkreises als Betreuer und als Organ der Rechtspflege im Rahmen seiner rechtsanwaltlichen Tätigkeit. Dass eine „Unabhängigkeit„ zwischen der bescheinigenden Person bzw. Stelle und dem Schuldner bestehen müsse, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Im Gegenteil wird der Anwendungsbereich des § 4 Nds. AGInsO, der im Einzelfall eine Feststellung der Eignung durch das Insolvenzgericht ermöglicht, nach Auffassung des OLG Celle gerade auf solche „Ausnahmefälle beschränkt„ sein, in denen etwa der „Betreuer oder der Arbeitgeber des Schuldners” im Einzelfall die Schuldnerberatung durchführt (vgl. OLG Celle vom 19.03.2003 – 222 Ss 24/03, zitiert nach juris Rn. 28). Gerade in diesen Fällen bestünde jedoch die vom Amtsgericht geforderte Unabhängigkeit nicht.
Deshalb war der Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben. Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist vom Amtsgericht fortzuführen.
Fundstellen
JurBüro 2007, 327 |
ZAP 2007, 644 |
ZVI 2008, 22 |