Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Urteil vom 22.10.2003; Aktenzeichen 91 C 1931/03-29)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden, Az.: 91 C 1931/03-29 vom 22.10.2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Parteien streiten darüber, ob der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag vom 10./20.3.2001 durch die von der Klägerin als Vermieterin erklärte Anfechtung vom 14.3. 2003 gem. §§ 123 I, 142 BGB erloschen ist und die Beklagten aufgrund dessen zur Herausgabe der streitgegenständlichen Räumlichkeiten an die Klägerin verpflichtet sind.

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin die Herausgabe der Wohnung nicht aus § 985 BGB verlangen könne, da den Beklagten insoweit ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 I S. 1 BGB zustehe.

Dabei hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass das Interesse der Klägerin bei der Frage nach der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung allein darin bestanden habe, Rückschlüsse auf die Bonität der Beklagten und damit auf ihre Fähigkeit zur Vertragserfüllung (regelmäßige Mietzahlung) ziehen zu können und festgestellt, dass im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses – was in gleicher Weise für den Zeitpunkt der Anfechtungserklärung gelte – die Bonität der Beklagten gewährleistet gewesen sei. Danach ist das Amtsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Rechtslage der Klägerin durch die (etwaige) Täuschung der Beklagten zu 1) nicht beeinträchtigt sei und daher die Anfechtung der Klägerin aufgrund dessen als rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB anzusehen sei.

Eine hiervon abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage kommt nach Ansicht des Berufungsgerichts auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht in Betracht, da das erstinstanzlich Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Ergänzend weist das Berufungsgericht daraufhin, dass zutreffender Rechtsauffassung zu Folge bei einer Anfechtung im Mietrecht auch soziale Belange mit zu berücksichtigen sind, so dass es – selbst bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen einer arglistigen Täuschung gem. § 123 BGB – jedenfalls ab Bezug der Mieträume darauf ankommt, ob dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses infolge der Pflichtverletzung des Mieters (hier: unrichtige Auskunft bezüglich der Angaben zur Bonität/verschwiegene Mitteilung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung) zumutbar ist oder nicht (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., 1242; LG Wuppertal WuM 1999, 39).

In diesem Zusammenhang war hier insbesondere zu beachten, dass das Mietverhältnis bereits im März 2001 begründet worden ist, die Beklagten die Miete – abgesehen von vorgenommenen Mietminderungen, die mit der vorliegenden Problematik in keinerlei Zusammenhang stehen – beanstandungslos gezahlt haben, und die Anfechtung des Mietvertrages wegen (angeblich) arglistiger Täuschung erst am 14.3.2003, also mehr als zwei Jahre nach Überlassung der Mieträume an die Beklagten, erfolgt ist. Hinzukommt, dass aufgrund der vom Beklagten zu 2) in der Berufungsverhandlung gemachten Angaben – denen die Klägerin nicht entgegengetreten ist – für die Kammer davon auszugehen war, dass dieser als Beamter über eine gesicherte berufliche Position und ein ausreichendes Einkommen verfugt, um die Miete für die fraglichen Räumlichkeiten aufringen zu können.

Da die Berufungsklägerin auch die Feststellung des Amtsgerichts nicht in rechtserheblicher Weise angegriffen hat, wonach im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses die Bonität der Beklagten in hinreichendem Maße gewährleistet gewesen sei, vermochte das Berufungsgericht damit nicht anzunehmen, dass die Interessen der Klägerin als Vermieterin aufgrund der falschen Selbstauskunft der Beklagten zu 1) tatsächlich beeinträchtigt (gewesen) wären, so dass danach die Anfechtung der Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen war (vgl. Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl., § 123 rnr 25 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO (analog), 713 ZPO, i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO, da bis Ende 2006 die Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision (vgl. § 544 ZPO) nicht zulässig und die Entscheidung somit rechtskräftig ist.

Die Revision war aus den Gründen des § 543 ZPO nicht zuzulassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1254627

WuM 2004, 399

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