Leitsatz (amtlich)
Es ist i.S. des § 43 Satz. 2 RVG ausreichend wenn der Rechtsanwalt eine von dem Beschuldigten/Betroffenen unterschriebene Erklärung zu den Akten gibt, dass Ansprüche auf Erstattung an den Rechtsanwalt abgetreten sind. Der Beschuldigte muss diese Anzeige nicht selbst zur Akte geben.
Verfahrensgang
AG Kitzingen (Entscheidung vom 05.09.2012) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Kitzingen vom 05.09.2012, mit dem die Erinnerung gegen die Aufrechnungserklärung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 11.06.2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde, wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die Aufrechnungserklärung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 11.06.2012 unwirksam ist.
Gründe
In dem Verfahren 972 VRs 9071/05 besteht seitens des Freistaats Bayern gegen den rechtskräftig verurteilten Kostenschuldner X. ein Anspruch auf Zahlung der Verfahrenskosten in Höhe von 421,46, EUR.
In dem Verfahren Ds 125 Js 8422/09 des Amtsgerichts Obernburg - Zweigstelle Miltenberg - besteht ein Auszahlungsanspruch von X. gegen die Staatskasse in Höhe von 417,69 EUR. Dieser Betrag wurde bereits zur Auszahlung angeordnet.
In dem erstgenannten Verfahren ist die Staatsanwaltschaft Würzburg Vollstreckungsbehörde. Diese hat am 11.06.2012 die Aufrechnung der Kostenforderung aus dem Verfahren 972 VRs 9071/05 mit dem Erstattungsanspruch des X. aus dem Verfahren Ds 125 Js 8422/09 erklärt (BI. 216 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 05.07.2012 (BI. 227 d.A.), gerichtet an die Staatsanwaltschaft Würzburg, wandte sich .der Beschwerdeführer, Herr Rechtsanwalt M. als Verteidiger des X. gegen die Aufrechnung der Staatsanwaltschaft Würzburg. Er führte hierzu aus, dass sein Mandant ihm seinen Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse abgetreten habe und er am 11.04 2012 zusammen mit seinem Vergütungsantrag bei dem Amtsgericht Obernburg - Zweigstelle Miltenberg - eine entsprechende Abtretungsanzeige zur Akte gegeben habe, weshalb eine Abtretung gem. § 43 Satz 2 RVG nicht möglich sei.
Auf. Anforderung der Staatsanwaltschaft Würzburg übersandte Rechtsanwalt M. mit Schriftsatz vom 20.06.2012 (BI. 221 d..) die Kopie einer Abtretungserklärung folgenden Inhalts (BI. 202 d.A.):
"In dem Strafverfahren gegen X Aktenzeichen des Amtsgerichts Miltenberg 1 Ds 125 Js 8422/09, des Landgerichts Aschaffenburg 3 Ns Ds 125 JS 8422/09 trete ich hiermit meine Ansprüche gegen die Staatskasse auf Erstattung der notwendigen Auslagen umfassend an meinen Verteidiger Herrn Rechtsanwalt M., Würzburg ab.
Ort, Datum: Mannheim 28.03.2012.
Das Schreiben trägt nur die Unterschrift X. nicht auch die von Herrn Rechtsanwalt M.
Mit Schriftsatz vom 05.07.2012 (BI. 227 d.A.) legte der Verteidiger Erinnerung, hilfsweise das zulässige Rechtsmittel, gegen die Aufrechnungserklärung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 11.06,2012 ein und legte dar, dass die Aufrechnung seiner Auffassung nach gem. § 43 Satz 2 RVG unwirksam sei. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
Die Bezirksrevisorin des Landgerichts Würzburg beantragte am 03.08.2012 namens der von ihr vertretenen Staatskasse die Erinnerung als unbegründet zurückz4veisen und festzustellen, dass die Aufrechnung der Staatsanwaltschaft Würzburg wirksam sei (BI. 234 d.A.).
Das Amtsgericht Kitzingen wies die Erinnerung gegen die Aufrechnungserklärung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 11.06.2012 mit Beschluss vorn 05.9.2012 als unbegründet zurück (BI. 238 f. d.A.,), da die Voraussetzungen des § 43 Satz 2 RVG nicht gegeben seien. Auf die Einzelheiten der Begrünung des Beschlusses wird Bezug genommen.'
Gegen diesen, ihm formlos mitgeteilten Beschluss legte Herr Rechtsanwalt M. mit Schriftsatz vom 02.10.2012, bei Gericht eingegangen am 04.10.2012, das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
Die Staatsanwaltschaft Würzburg und die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse beantragten übereinstimmend, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen und , festzustellen, dass die Aufrechnung durch die Staatsanwaltschaft Würzburg wirksam sei.
II.
(1.) Gegen eine Entscheidung über die Erinnerung ist die (einfache) Beschwerde gem. § 66 Abs. 2 GKG das statthafte Rechtsmittel. Die Beschwerdesumme ist erreicht, die Beschwerde auch ansonsten zulässig.
(2.)
Das Rechtsmittel ist im Ergebnis auch begründet.
Nach § 43 Satz 1 RVG ist, wenn der Beschuldigte/Betroffene seinen Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung von Anwaltskosten als notwendige Auslagen an den Rechtsanwalt abritt, eine von der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Beschuldigten/Betroffenen erklärte Aufrechnung insoweit unwirksam, als sie den Anspruch des Rechtsanwalts vereiteln oder beeinträchtigen würde. Gemäß § 43 Satz 2 RVG dieser Vorschrift gilt dies jedoch nur, wenn zu dem Zeitpunkt der Aufrechnung entweder (a) eine Urkunde über die Abtretung oder (b) eine Anzeige des Beschuldigten/Betroffenen über die Abtretung in den Akten vorliegt.
(a) Die Kammer teilt die rechtliche Auffassung des Amtsgerichts Kitzingen und der von der Bezirksrevisorin .vertretenen Staatskasse ins...