Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Vertretung durch Vater minderjähriger Kinder
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragsgegnern auferlegt.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht festgestellt, daß der Antragsteller berechtigt ist, sich bei Eigentümerversammlungen oder sonstigen Abstimmungen der Wohnungseigentümergemeinschaft Z-Str, W, durch seinen Vater, Herrn P, vertreten zu lassen. Hiergegen richtet sich das unter dem 14.9.1994 eingelegte und als sofortige Beschwerde gemäß § 45 Abs. 1 WEG zulässige Rechtsmittel der Antragsgegner. Dieses bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Feststellung des Amtsgerichts, daß der Antragsteller berechtigt ist, sich bei Eigentümerversammlungen oder sonstigen Abstimmungen der Wohnungseigentümergemeinschaft durch seinen Vater vertreten zu lassen, ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG bestimmt sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach den Vorschriften dieses Gesetzes und ergänzend nach den §§ 741 ff. BGB. Weder das Wohnungseigentumsgesetz (§ 23 bis 25) noch die §§ 741 ff. BGB enthalten Bestimmungen darüber, ob und inwieweit sich Wohnungseigentümer (Teilnehmer einer Bruchteilsgemeinschaft) bei Abstimmungen vertreten lassen können. Anders als im Vereinsrecht ist Stellvertretung i. S. der §§ 164 ff. BGB daher grundsätzlich möglich. Im Rahmen der Vertragsfreiheit sind die Wohnungseigentümer aber nicht gehindert, ihre Rechtsverhältnisse durch Vereinbarung anders zu regeln, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG). Die (grundsätzliche) Beschränkung der Vertretungsmöglichkeit verstößt weder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), noch gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Sie rechtfertigt sich als Ergebnis einer vertretbaren Interessenabwägung. Alle Wohnungseigentümer können ein Interesse daran haben, die Eigentümerversammlung auf den eigenen Kreis, also überwiegend die ihnen bekannten Miteigentümer, zu beschränken und damit gemeinschaftsfremde Einwirkungen aus der Versammlung der Wohnungseigentümer fernzuhalten. Andererseits können im Einzelfall Ausnahmen wegen Unzumutbarkeit nach Treu und Glauben geboten sein (vgl. BGH NJW 1993, 1329, 1330; BGHZ 99, 90, 97).
Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles ist die Gemeinschaft hier gehalten, auf der geregelten Vertretungsbeschränkung nicht zu bestehen und den Vater des Antragsstellers als seinen Vertreter zuzulassen. In der Vertretungsregelung der Teilungserklärung ist vorgesehen, daß eine Vertretung des jeweiligen Wohnungseigentümers durch nahe Angehörige, nämlich Ehegatten und Kinder, erfolgen darf. Eine Regelung für den Fall, daß solche Personen nicht vorhanden sind oder als Vertreter ausscheiden, ist nicht getroffen worden. Dieser Fall ist indessen bei dem Antragsteller eingetreten, da er bereits seit 1984 von seiner Ehefrau getrennt lebt und die Kinder erst 16 Jahre sind. Demgegenüber schafft die Vertretung durch die Verwaltung keinen angemessenen Ausgleich, da es naheliegend ist, daß der Antragsteller der Verwalterin nicht das gleiche Vertrauen entgegenbringt wie einem nahen Angehörigen. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ist daher eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen, was die Wohnungseigentümer, hätten sie den eingetretenen Fall bedacht, festgelegt hätten.
In der Teilungserklärung haben sowohl das Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft, Einflüsse Dritter weitgehend auszuschließen, als auch das Interesse der einzelnen Wohnungseigentümer, sich durch nahe Angehörige und damit Personen ihres Vertrauens vertreten zu lassen, Berücksichtigung gefunden. Dem genannten Interesse der Gemeinschaft wird auch dann in dem in der Teilungserklärung vorgesehenen Umfang Rechnung getragen, wenn im Falle, daß die dort bezeichneten nahen Angehörigen als Vertreter ausscheiden, anstelle der Kinder ein Elternteil als Vertreter zugelassen wird. Bei dem Vater des Antragstellers handelt es sich ebenso wie bei den Kindern um einen Verwandten ersten Grades. Es liegen zudem keine Anhaltspunkte dafür vor, daß Einwände gerade gegen die Person des Vaters des Antragstellers bestehen könnten. So ist, worauf auch das Amtsgericht bereits zu Recht hingewiesen hat, nicht ersichtlich oder vorgetragen, daß dieser sich bei den vorangegangenen Eigentümerversammlungen unsachlich geäußert oder ansonsten eine Mißstimmung in die Gemeinschaft hineingetragen hätte. Auch ist nicht erkennbar, daß der Vater des Antragstellers über besondere Sach- und Fachkenntnisse verfügen würde, deren Einbringung zu einer Benachteiligung derjenigen Wohnungseigentümer führen könnte, die sich durch ihre Ehegatten oder Kinder vertreten lassen.
Nach alledem ist die Vertretungsbestimmung in der Teilungserklärung ergänzend dahingehend auszulegen, daß jedenfalls bei Wegfall der dort genannten nahen Angehörigen als Vertreter ein ebenso naher Angehöriger, hier der Vater des Antragstellers, als Vertreter zuz...