Entscheidungsstichwort (Thema)

Unvermögen der Mieter zur Erfüllung der Pflicht zur Beseitigung von Schnee und Eis

 

Orientierungssatz

Die Mieter können sich nicht darauf berufen, infolge ihres Alters und gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der mietvertraglich vereinbarten Pflicht, im Wechsel mit den anderen Mietern Schnee und Eis auf dem Grundstück und dem Bürgersteig zu beseitigen, frei geworden zu sein, denn es ist den Mieters im Falle ihres Unvermögens zuzumuten, die - nicht höchstpersönlich zu erbringende - Schneebeseitigungspflicht durch Dritte erfüllen zu lassen (vergleiche LG Flensburg, 1986-11-20, 1 S 231/86, WuM 1987, 52; Abweichung AG Hamburg, 1985-05-02, 37b C 564/84, WuM 1986, 84).

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Zu Recht hat das AG das Feststellungsbegehren der Kläger abgewiesen. Die Kläger haben kurz nach Abschluß des Mietvertrages gegenüber den Beklagten gemäß den §§ 305, 241 BGB die Verpflichtung übernommen, im turnusmäßigen Wechsel mit den übrigen Mietparteien die Außentreppenanlage und den Bürgersteig von Schnee und Eis freizuhalten. Die Kläger haben nämlich zumindest bis zum Jahre 1980 den von den Beklagten aufgestellten Reinigungsplan erfüllt. Insofern können sich die Kläger nicht auf Ziff. III der dem Mietvertrag zugrundeliegenden Hausordnung berufen, da diese Bestimmung den Mietern der Erdgeschoßwohnung die Pflicht zur Beseitigung von Schnee und Eis nur dann auferlegt, wenn nichts anderes vereinbart wird. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß der Bürgersteig und die jetzige Treppe bei Abschluß des Mietvertrages der Parteien noch nicht vorhanden waren.

Soweit sich die Kläger darauf berufen, sie seien von ihrer Verpflichtung zur Schneebeseitigung und Eisbeseitigung dadurch freigeworden, daß sie infolge ihres Alters und ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage sind, körperliche Arbeiten zu verrichten, kann dieser Rechtsansicht nicht gefolgt werden. Dabei kann es dahinstehen, ob die Kläger auf Dauer gehindert sind, ihrer Räumungspflicht - die angesichts der Zahl der Mietparteien und der von den Beklagten aufgestellten Reinigungspläne allenfalls zwei Wochen pro Jahr zu erfüllen ist - nachzukommen, da die Voraussetzungen des § 275 Abs. 2 BGB nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift wird der Schuldner bei einem nachträglichen Unvermögen von der Verpflichtung zur Leistung frei. Unvermögen ist gegeben, wenn die Leistung zwar von einem Anderen erbracht werden könnte, der Schuldner jedoch zur Leistung außerstande ist. Das ist nur dann der Fall, wenn der Schuldner auch zur Beschaffung nicht in der Lage ist. Die Schneebeseitigungspflicht der Kläger beinhaltet keine Leistung, die nur höchstpersönlich zu erfüllen ist, da es dem Vermieter gleichgültig ist, ob der Mieter selbst oder eine von diesem beauftragte andere Person diese Verpflichtung erfüllt (vgl. LG Flensburg WM 1987, 52). Die von den Klägern angeführte Gegenmeinung (vgl. AG Frankfurt WM 1985, 19; AG Hamburg WM 1986, 84, 85) überzeugt nicht, da sie unberücksichtigt läßt, daß die fragliche Verpflichtung nicht höchstpersönlich erbracht werden muß. Es ist nämlich üblich, daß Mieter im Falle der persönlichen Verhinderung untereinander oder mit Dritten eine Vereinbarung treffen, übernommene Reinigungspflichten oder Beseitigungspflichten zu erfüllen, eine Regelung, die auch im Interesse der Mieter liegt, weil ansonsten dadurch, daß der Vermieter Ersatzkräfte stellen müßte, zusätzliche regelmäßig von den Mietern zu tragende Nebenkosten entstünden (vgl. LG Flensburg a.a.O.).

Soweit die Kläger vorgetragen haben, aufgrund ihrer finanziellen Situation zur Beauftragung von zu bezahlenden Personen zum Zwecke der Durchführung der Beseitigungsarbeiten nicht in der Lage zu sein, ist ihr Vortrag unbeachtlich. Einmal fehlen Angaben zu der Höhe der monatlichen Renteneinkünfte und des gegenwärtigen Mietzinses, wobei auch von Bedeutung ist, daß die Kläger nur in verhältnismäßig geringem Umfang zur Räumung von Schnee und Eis verpflichtet sind. Zum anderen befreit eine beengte wirtschaftliche Lage nicht von der Erfüllung von Vertragspflichten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1737036

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