Zusammenfassung

 
Überblick

Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 ist den Wohnungseigentümern nach §§ 19 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 WEG eine Kompetenz zur Beschlussfassung weiterer Rücklagen neben der Erhaltungsrücklage eingeräumt. Zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen der Gemeinschaft ist allgemein anerkannt, dass die Bildung einer Liquiditätsrücklage ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

AG Köln, Urteil v. 17.1.2023, 215 C 48/22: Es kann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, einen Teil der Erhaltungsrücklage in eine Liquiditätsrücklage umzuwidmen, auch wenn Erhaltungsmaßnahmen anstehen, deren voraussichtliche Kosten den Betrag der vorhandenen Erhaltungsrücklage deutlich übersteigen.

AG Lübeck, Urteil v. 18.3.2022, 35 C 52/21WEG: Wohnungseigentümer sind befugt, durch Beschluss weitere Rücklagen – z. B. Liquiditätsrücklagen – neben der Erhaltungsrücklage zu bilden. Gründe für eine Liquiditätsumlage sind u. a.: Engpässe gerade im I. Quartal eines Jahres bei teilweise nicht eingehenden fälligen Wohngeldern und ansonsten noch nicht ausreichend vorhandenen Wohngeldvorschüssen bei gerade auch im I. Quartal eines Jahres eintretenden Fälligkeiten der Jahresprämien von Versicherungen sowie zu erwartende Erhöhungen bei Energiekosten, die auch recht unvermittelt gerade im I. Quartal eines Jahres auftreten können.

1 Grundsätze

Den Wohnungseigentümern ist seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 die Kompetenz eingeräumt, neben der Erhaltungsrücklage die Bildung weiterer Rücklagen zu beschließen. Infrage kommen hier Rücklagen zur Finanzierung gemeinschaftlicher Klagen, baulicher Veränderungen, die mit einer Kostenbelastung aller Wohnungseigentümer verbunden sind und insbesondere Liquiditätsrücklagen.

Die Bildung einer Liquiditätsrücklage bietet sich insbesondere zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen in den ersten Monaten eines Kalenderjahres an, da hier u. a. die Jahresprämien der Versicherungen zur Zahlung fällig werden.[1]

Ganz allgemein bietet sich die Bildung einer Liquiditätsrücklage ohnehin mit Blick auf Zahlungsausfälle einzelner Wohnungseigentümer an.

 
Praxis-Beispiel

Musterbeschluss: Bildung einer Liquiditätsrücklage

TOP XX Bildung einer Liquiditätsrücklage

Auf Grundlage der §§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 19 Abs. 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen die Bildung einer Liquiditätsrücklage. Die Rücklagenhöhe wird insgesamt auf jährlich 1.500 EUR festgelegt. Die Beitragsverteilung erfolgt nach dem auch ansonsten geltenden Kostenverteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen. Die auf die einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden monatlichen Beiträge ergeben sich aus der den Wohnungseigentümern mit dem Ladungsschreiben übersandten Aufstellung, die Bestandteil dieses Beschlusses ist und als Anlage zur Beschluss-Sammlung genommen wird.

Die Beiträge werden Bestandteil der nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG von den Wohnungseigentümern auf Grundlage des Wirtschaftsplans festgesetzten Hausgeldgesamtvorschüsse.

Bis zur Beschlussfassung über die Anpassung der Hausgeldgesamtvorschüsse sind die Beträge zur Liquiditätsrücklage ab dem _____ zusätzlich zu den derzeit auf Grundlage des Beschlusses vom _____ über die Festsetzung der Hausgeldgesamtvorschüsse zu zahlen. Es bleibt den Wohnungseigentümern insoweit freigestellt, ob sie die Zahlungen auf die Rücklage zusammen mit den monatlichen Hausgeldern leisten oder 2 gesonderte Zahlungen vornehmen. Wohnungseigentümer, die ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt haben, werden entsprechend am 3. Werktag eines jeden Kalendermonats mit den Beiträgen belastet. Wohnungseigentümer, die nicht am Lastschriftverfahren teilnehmen, haben für einen Zahlungseingang ebenfalls bis zum 3. Werktag eines Kalendermonats zu sorgen.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

________________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

[1] Vgl. AG Lübeck, Urteil v. 18.3.2022, 35 C 52/21WEG, ZMR 2023, 510.

2 Teilauflösung der Erhaltungsrücklage

Nicht selten weisen Erhaltungsrücklagen erhebliche Mittel auf, die angesichts fehlenden Erhaltungsbedarfs ungenutzt bleiben. Daneben kann im Hinblick auf Liquiditätslücken zusätzlicher finanzieller Bedarf entstehen, der angesichts ihrer strengen Zweckbindung zumindest durch Zugriff auf die Erhaltungsrücklage allenfalls für einen kurzen Zeitraum und auch nur in eng umgrenzter Höhe ausgeglichen werden kann.

[1]

Hat jedenfalls die Erhaltungsrücklage eine Höhe erreicht, die auch unter Berücksichtigung zukünftigen Erhaltungsbedarfs mehr als auskömmlich ist, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, nicht nur eine Liquiditätsrücklage zu bilden, sondern hierzu auch Mittel der Erhaltungsrücklage entsprechend umzuwidmen.[2]

Dies soll selbst dann gelten, wenn Erhaltungsmaßnahmen anstehen, deren voraussichtliche Kosten den Betrag der vorhandenen Erhaltungsrücklage übersteigen und zu deren Finanzierung ohnehin die vorhandene Erhaltungsrücklage nicht ausreich...

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