Jolanta Zupkauskaité, Yvonne Goldammer
1. Allgemeines
Rz. 63
Das Gesetz formuliert als Regel die Anordnung des Unterhalts durch das Gericht und als Ausnahme den Ausschluss eines Unterhaltsanspruchs für den Fall, dass das Vermögen oder Einkommen des Ehepartners ausreicht, um für sich selbst zu sorgen. Es gilt die gesetzliche Vermutung, dass Unterhalt notwendig ist, wenn einer der Ehepartner ein eheliches minderjähriges Kind erzieht oder aufgrund seines Alters oder Gesundheitszustandes arbeitsunfähig ist. Des Weiteren kann der Ehepartner, der wegen der Ehe, gemeinsamer Familieninteressen oder wegen der Kindererziehung seine berufliche Qualifikation (Beendigung des Studiums) nicht erreichen konnte, vom früheren Ehepartner die Deckung der Kosten im Hinblick auf eine Beendigung des Studiums oder eine Umschulung verlangen.
2. Berechnung
Rz. 64
Das Gericht hat bei der Entscheidung über die Anordnung des Unterhalts und des Unterhaltsbetrages die Dauer der Ehe, den Unterhaltsbedarf, das Vermögen der früheren Ehepartner, den Gesundheitszustand, das Alter, die Arbeitsfähigkeit sowie die Möglichkeit des arbeitslosen Ehepartners, eine Arbeit zu finden, sowie andere wichtige Umstände zu berücksichtigen (Art. 3.72 Abs. 5 ZGB). Der Betrag des Unterhalts ist herabzusetzen, zu befristen oder zu verweigern, wenn
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die Ehe nicht länger als ein Jahr dauerte; |
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der Ehepartner, der einen Unterhaltsanspruch hat, ein Verbrechen gegenüber dem anderen Ehepartner oder dessen nächster Verwandtschaft begangen hat; |
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der Ehepartner, der einen Unterhaltsanspruch hat, sich durch sein eigenes verantwortungsloses Handeln in eine schwierige finanzielle Schieflage gebracht hat; |
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der Ehepartner, der Unterhalt beantragt, nicht zum Wachsen ihres gemeinsamen Vermögens beigetragen und während der Ehe vorsätzlich die Interessen des anderen Ehepartners oder der Familie beeinträchtigt hat. |
3. Zahlungsweise
Rz. 65
Das Gericht kann den Unterhalt als Pauschalbetrag oder als periodische Zahlung (monatlich) bzw. als Vermögensausgleich festsetzen (Art. 3.72 Abs. 8 ZGB). Ist der Unterhalt periodisch zu zahlen, wird der frühere Ehepartner durch eine bedeutende Veränderung der Umstände gem. Art. 3.72 Abs. 5 ZGB dazu berechtigt, einen Antrag auf Erhöhung, Herabsetzung oder Beendigung der Unterhaltszahlungen zu stellen. Periodische Zahlungen sind zu leisten, solange der Unterhaltsgläubiger lebt, und jährlich am Inflationsindex auszurichten.
Rz. 66
Die Unterhaltsverpflichtung sowie die Unterhaltsberechtigung sind vererblich. Nach dem Tod des unterhaltsverpflichteten Ehepartners geht die Unterhaltsverpflichtung auf dessen Erben im Umfang des Nachlasses über, ungeachtet dessen, ob das Erbe angenommen wird (Art. 3.72 Abs. 12 ZGB). Stirbt der Zahlungsempfänger oder heiratet er wieder, sind die Unterhaltszahlungen einzustellen. Der Anspruch auf Zahlung rückständiger Unterhaltszahlungen geht mit dem Tod des Zahlungsempfängers auf dessen Erben über. Die Auflösung der neuen Ehe führt (wieder) zu einem neuen Unterhaltsanspruch, vorausgesetzt, der Zahlungsempfänger erzieht ein Kind seines früheren Ehepartners oder sorgt für ein behindertes Kind seines früheren Ehepartners. In allen anderen Fällen geht die Unterhaltsverpflichtung des nachfolgenden Ehepartners gegenüber dem Zahlungsempfänger der des früheren Ehepartners vor (Art. 3.72 Abs. 13 ZGB).
4. Ausschluss
Rz. 67
Der Ehepartner, der für das Scheitern der Ehe verantwortlich ist, hat kein Recht, Unterhalt zu fordern (Art. 3.72 Abs. 4 ZGB).
5. Trennungsunterhalt
Rz. 68
Die Vorschriften über die Unterhaltsverpflichtung im Falle der Trennung sind im großen Umfang den o.g. Vorschriften im Falle der Scheidung angepasst, so dass insoweit darauf verwiesen werden kann (vgl. Rdn 58 ff.).