Theis Klauberg, Frank Heemann
A. Einführung
Rz. 1
Das Gesellschaftsrecht ist in Litauen vor allem im Zweiten Buch des Zivilgesetzbuches (im Folgenden: ZGB) und in einzelnen Gesetzen wie dem Aktiengesellschaftengesetz (im Folgenden: AGG), dem Kommanditgesellschaftengesetz (im Folgenden: KGG) und dem Personalunternehmensgesetz (im Folgenden: PUG) enthalten.
Rz. 2
Die übliche Form der Gesellschaft ist die uždaroji akcinė bendrovė (dt.: Gesellschaft mit beschränkter Haftung, abgekürzt: UAB), die der deutschen GmbH nahekommt, jedoch einige Besonderheiten beinhaltet. So ist sie z.B. eine Aktiengesellschaft. Für die UAB, die innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums gegründet werden kann, benötigt man ein Mindeststammkapital von 2.500 EUR. Es ist die Gesellschaftsform, die in der Praxis am häufigsten verwendet wird, nicht zuletzt auch deshalb, weil das litauische Recht Alleingesellschafter (100 % Aktienbesitz) zulässt, genauso wie die Geschäftsführung und Vertretung durch den Alleinaktionär. Die akcinė bendrovė (dt.: offene Aktiengesellschaft, abgekürzt: AB) unterscheidet sich von der UAB u.a. in der Mindeststammkapitalhöhe (25.000 EUR), Aktienvertriebsart (öffentlich an der Börse) und Gesellschafteranzahl. Die Anzahl von unbegrenzt haftenden Personenunternehmen nimmt immer weiter ab. In der Regel wählen Kleinunternehmer diese Rechtsform. Einige wenige Unternehmer wählen aus steuerlichen Gründen die Form der Landwirtschaftlichen KG.
Rz. 3
Die in Deutschland üblichen Konstellationen wie GmbH & Co. KG oder GmbH & Co. KGaA gibt es in Litauen nicht. Diese Gesellschaftsformen sind zwar nicht verboten, jedoch kommen diese in der Praxis nicht vor. Ein Hauptgrund dafür liegt darin, dass in der Regel keine steuerlichen Vorteile mit einer solchen vermischten Rechtsform verbunden sind.
Rz. 4
In Litauen gibt es somit folgende Rechtsformen der Gesellschaften:
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der individuelle Betrieb (individuali įmonė – IĮ; abhängig vom Gründungsmoment kann es "Personalunternehmen" heißen – PĮ); |
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die kleine Gesellschaft (mažoji bendrijja – MB) |
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die wirtschaftliche Gesellschaft (ūkinė bendrija – ŪB); |
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die wirtschaftliche Kommanditgesellschaft (komanditinė ūkinė bendrija – KŪB); |
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die geschlossene Aktiengesellschaft (uždaroji akcinė bendrovė – UAB); |
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die (offene) Aktiengesellschaft (akcinė bendrovė – AB); |
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die Kooperative (kooperatinė bendrovė, kooperatyvas); |
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die landwirtschaftliche Gesellschaft (žemės ūkio bendrovė – ŽŪB); |
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die staatliche Gesellschaft (valstybės įmonė – VĮ); |
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die Gesellschaft der Selbstverwaltung (savivaldybės įmonė – SĮ); |
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die Gruppe der europäischen wirtschaftlichen Interessen (Europos ekonominių interesų grupė – EEIG); |
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die europäische Gesellschaft (Europos bendrovė – SE). |
B. Gründung der Gesellschaft
I. Überblick über das Gründungsverfahren
Rz. 5
Die Gründung einer geschlossenen Aktiengesellschaft (uždaroji akcinė bendrovė – UAB) ist im ZGB und im AGG geregelt. Das Gründungsverfahren selbst ist nicht kompliziert, in der Praxis sind formelle Vorschriften genau zu beachten und alle Gründungsdokumente sorgfältig vorzubereiten. Die Gründungsdokumente sind folgende:
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die Gründungsordnung (steigimo aktas) bei nur einem Gründer oder der Gründungsvertrag (steigimo sutartis) bei zwei oder mehr Gründern. Bei der geschlossenen Aktiengesellschaft (UAB) und bei der offenen Aktiengesellschaft (AB) ist die Zahl der Aktionäre unbegrenzt; |
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der Gründungsbeschluss (steigimo sprendimas), bei nur einem Gründer oder das Protokoll der Gründerversammlung (steigiamojo susirinkimo sprendimas) bei zwei oder mehreren Gründern. |
Durch den Gründungsbeschluss oder das Protokoll der Gründerversammlung wird die Satzung (įstatai) der zu gründenden Gesellschaft bestätigt. Diese beiden Dokumente sind notariell zu beglaubigen, es sei denn, die Gesellschaft wird online gegründet. (Zu einer solchen vereinfachten Gründung siehe unten Rdn 9).
Rz. 6
Bei der Gründung einer Gesellschaft werden grds. folgende litauische Institutionen mit einbezogen:
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der Notar (notaras); |
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als staatliche Behörde das Handelsregister (Registrų centras = Registerzentrum); |
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eine beliebige in Litauen ansässige Bank (bankas) für die Eröffnung des Sammelkontos der zu gründenden Gesellschaft. |
Rz. 7
Eine Gesellschaft gilt als gegründet und erlangt ihre Rechtsfähigkeit ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung im Handelsregister. Nach ihrer Eintragung im Handelsregister wird die Gesellschaft automatisch auch im Steuerzahlerregister registriert. Dies erfolgt innerhalb von drei Arbeitstagen nach Erhalt der Daten vom Handelsregister. Mit der Eintragung im Steuerzahlerregister wird die Gesellschaft automatisch auch beim Sozialversicherungsamt (SODRA) eingetragen. Jedoch sind noch weitere gesetzliche Pflichten zu erfüllen. So muss die Gesellschaft einen Firmenstempel erwerben, wenn ein solcher in ihrer Satzung vorgesehen ist und einen Arbeitsvertrag mit dem Geschäftsführer abschließen. Weiterhin muss die Gesellschaft eine Buchführung haben, entweder intern durch einen angestellten Buchhalter, oder extern auf Basis einer Dienstleistungsvereinbarung. Schließlich sind alle Arbeitnehmer spätestens einen Tag vor d...