Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Analogleistung. Unterbrechung der Vorbezugszeit durch längere Strafhaft

 

Leitsatz (amtlich)

Auch eine längere Strafhaft kann eine nachhaltige Unterbrechung des 48-Monats-Zeitraums des § 2 Abs 1 AsylbLG nF bewirken im Hinblick auf die der Vorschrift auch innewohnende Integrationskomponente mit der Folge, dass eine neue Vorbezugszeit erst mit Wiedereinsetzen des Leistungsbezugs zu laufen beginnt.

 

Orientierungssatz

Eine nachhaltige Unterbrechung ist bei einem Unterbrechungszeitraum von mindestens 6 Monaten anzunehmen (vgl VG Ansbach vom 11.11.2003 - AN 13 E 03.01779 und VG Hannover vom 15.6.2004 - 7 B 2809/04 = SAR 2004, 118).

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 28. April 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde ist gem. § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Abs. 2 S. 2). Der Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG ist schon vor Klageerhebung zulässig (Abs. 4).

Vorliegend kommt für das Begehren auf höhere Leistungen nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweilige Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. FEVS 57, 72 und 57, 164). Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen um so niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtssprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - ≪juris≫ unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ NVwZ 1997, 479, NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 16. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide ≪juris≫ unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 2005, 927; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 8. Aufl., § 86b Rdnr. 29a). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. FEVS 57, 72 und 57, 164; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O. Rdnr. 42). Hiervon ausgehend hat das Sozialgericht Mannheim (SG) den Antrag des Antragstellers auf Gewährung der - nach bestandskräftiger Ablehnung der Leistungen für die Wohnung in der B.str. in Mannheim durch Bescheid vom 15. August 2006 - im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens allein streitigen sog. Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) i. V. m. dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zu Recht abgelehnt.

Der Antragsteller gehört als Inhaber einer Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die zuletzt bis zum 21. Januar 2009 verlängert worden ist, zum Kreis der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG genannten Leistungsberechtigten. Allerdings erfüllt er auch nach Auffassung des erkennenden Senats bei summarischer Prüfung nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Analogleistungen. Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in der seit dem 28. August 2007 geltenden Fassung ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst be...

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