Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Befangenheitsablehnung bei Verschleppungsabsicht

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit ist unzulässig, wenn es lediglich in der Absicht der Verfahrensverzögerung oder -verschleppung gestellt wird; die Verschleppungsabsicht kann sich daraus ergeben, daß beharrlich unzulässige oder unbegründete Ablehnungsgesuche gegen Richter oder Gerichtspersonen gestellt werden, ohne daß jeweils substantiiert Tatsachen vorgetragen werden, die geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen.

 

Gründe

Das unter dem 19. Juli und 17. August 1997 angebrachte erneute Ablehnungsgesuch des Klägers gegen Richter am SG G ist unzulässig.

Die Unzulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs ist u.a. zu bejahen, wenn der Beteiligte lediglich Ablehnungsgründe, die die vorangegangene richterliche Prozeßführung betreffen und Gegenstand von Entscheidungen über erfolglos gebliebene frühere Ablehnungen waren, wiederholt, ohne substantiiert neue und konkrete Tatsachenbehauptungen aufzustellen (allgemeine Meinung; vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 5. Aufl., § 60 Rdnr. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 55. Aufl., § 42 Rdnr. 7 m.w.N.). Unzulässigkeit ist weiter gegeben, wenn ein zur Annahme der Besorgnis der Befangenheit geeigneter Grund weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht wird, das Vorbringen des Beteiligten vielmehr von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 54 Nr. 50 m.w.N.). Darüber hinaus ist die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit auch dann unzulässig, wenn sie lediglich in der Absicht der Verfahrensverzögerung oder -verschleppung erfolgt (vgl. OLG Düsseldorf Rechtspfleger 1994 S. 240 ff; Meyer-Ladewig a.a.O.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O.).

Unter Beachtung dessen stellt sich das erneute Ablehnungsgesuch vom 19. Juli und 17. August 1997 als offensichtlich mißbräuchlich und unzulässig dar. Die im Schriftsatz vom 19. Juli 1997 unter Buchst. a) bis e) vorgebrachten Beanstandungen der Prozeß-  und Aktenführung waren bereits Gegenstand früherer erfolgloser Ablehnungsgesuche; in Bezug auf sie ist kein neuer substantiierter Tatsachenvortrag erfolgt. Mit dem weiteren Vorbringen, die nach den Entscheidungen vom 6. Juni 1997 unter dem 30. Juni 1997 vom abgelehnten Richter verfügte Übersendung der Akten an den ernannten Sachverständigen trage seinem Anliegen nicht Rechnung, wird nicht einmal andeutungsweise ein tatsächlicher Anhaltspunkt aufgezeigt, der auch nur entfernt unter irgendwelchen denkbaren Gesichtspunkten auf einen Mangel des Verfahrens des SG nach den Entscheidungen des Senats vom 6. Juni 1997 schließen lassen, geschweige denn Anlaß zu Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters bieten könnte. Ebenso verhält es sich mit den Beanstandungen im Schriftsatz vom 17. August 1997, daß die im Verfahren L 13 An 3787/96 B zwischen dem Berichterstatter und dem Kostenbeamten des SG zur Erledigung einer Kostensache entstandene Korrespondenz vom 10. und 17. Januar 1997 zu den Akten zu nehmen sei, die Kostenakte als Verfahrensbestandteil zugänglich zu machen sei, Einsicht in die Kostenakte gewährt werden müsse und in der Klageakte die dem Sachverständigen übersandten Gerichtsakten der früheren Verfahren einzeln aufgeführt werden müßten. Für den Senat steht aufgrund des bisherigen Prozeßverhaltens des Klägers auch fest, daß dieser das Verfahren zu verschleppen und zu verzögern versucht, nachdem der abgelehnte Richter seine Absicht zu erkennen gegeben hat, in eine Beweisaufnahme zur Prozeßfähigkeit des Klägers eintreten zu wollen. Die Verschleppungsabsicht ergibt sich daraus, daß der Kläger beharrlich unbegründete oder unzulässige Befangenheitsgesuche gegen den zuständigen Richter, den beauftragten Sachverständigen und dessen Gehilfen wiederholt, ohne, was dem Kläger als früherem Rechtsanwalt und Notar nicht verborgen geblieben sein kann, jeweils substantiiert Tatsachen vorzutragen, die geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen; für die Verzögerungsabsicht spricht auch, daß der Kläger beim Sozialgericht und Landessozialgericht das Recht auf Akteneinsicht ständig und in einer ebenfalls schon an Rechtsmißbrauch grenzenden Weise exzessiv in Anspruch nimmt mit der Bitte, danach weiter vortragen zu wollen, so daß sich die Entscheidungen über die Befangenheitsgesuche gegen Richter und Sachverständige über Gebühr verzögern. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Verhalten des Klägers nicht als Ausdruck ernsthafter Sorge um eine unvoreingenommene Entscheidung, sondern als Versuch dar, das Gericht daran zu hindern, gerichtsverwertbare Feststellungen zur Prozeßfähigkeit als einer von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu beachtenden Prozeßvoraussetzung zu treffen. Für den Fall weiterer, offensichtlich mißbräuchlicher Ablehnungsgesuche kann vom SG in Erwägung gezogen werden, ob es einer Entscheidung über diese übe...

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