Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.11.2022; Aktenzeichen B 6 KA 19/22 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.04.2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Im Streit steht die Festsetzung eines Regresses wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens für das Jahr 2013.

Der Kläger nimmt als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Sitz in H an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Mit Bescheid vom 22.12.2009 setzte die (für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen zuständige) Prüfungsstelle (der Gemeinsamen Prüfungseinrichtungen B) für das Jahr 2007 wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens einen Netto-Regress i.H.v. 19.621,28 € fest. Mit (Widerspruchs-)Bescheid vom 12.12.2012 gab der Beklagte den Widersprüchen teilweise statt, hob den Bescheid der Prüfungsstelle vom 22.12.2009 auf und ordnete für das Jahr 2007 eine schriftliche individuelle Beratung an. Mit (Widerspruchs-)Bescheid ebenfalls vom 12.12.2012 gab der Beklagte auch dem Widerspruch bzgl. des Prüfjahres 2009 statt, hob den Prüfbescheid vom 21.12.2011 auf und ordnete trotz Überschreitung des Richtgrößenvolumens für das Jahr 2009 keine Maßnahme an; hilfsweise erfolge eine schriftliche individuelle Beratung. Die individuellen Beratungen für die Jahre 2007 und 2009 wurden mit dem Kläger am 18.12.2012 zugegangenen Schreiben des Beklagten vom 12.12.2012 durchgeführt. Sie betrafen die Therapie von Schmerzen und die damit im Zusammenhang stehende Verordnung der Wirkstoffe der WHO-Stufe I (Coxiben und NSAR, Piroxicam), der Wirkstoffe der WHO-Stufe III (u.a. Oxycodon, Buprenorphin) und weiterer Schmerztherapeutika (u.a. Tetrazepam, Tolperison und Pridinol). Mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 21.01.2013 teilte der Kläger bezugnehmend auf die individuellen Anhörungen mit, dass er von der Möglichkeit „im Rahmen der Beratung ... eine Feststellung über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten ≪zu≫ beantragen“ Gebrauch machen wolle. Mit Schreiben vom 30.01.2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass dem Antrag auf Anerkennung von Praxisbesonderheiten seitens des Beklagten nicht entsprochen werden könne. Zuständig für die Feststellung bestehender Praxisbesonderheiten für künftige Jahre sei allein die Prüfungsstelle, an die der Antrag weitergeleitet worden sei. Mit Schreiben vom 13.03.2013 bat der Kläger den Beklagten erneut, dem Begehren nachzukommen. Mit Schreiben vom 31.07.2013 erwiderte hierauf die Prüfungsstelle, dass den Schreiben des Klägers ein förmlicher Antrag nicht zu entnehmen sei. Sollte ein solcher Antrag gestellt werden wollen, werde gebeten, diesen an die Prüfungsstelle zu richten.

Im Jahr 2013 hatte der Kläger insgesamt 4.285 Behandlungsfälle (M/F 2.826, R 1.459) und verordnete Arznei- und Verbandmittel i.H.v. 142.348,32 € (brutto). Die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen (Beigeladene zu 2 bis 6) und der Kassenärztlichen Vereinigung B (Beigeladene zu 1) für 2013 vereinbarten Richtgrößen lagen in der Richtgrößengruppe für Orthopäden für M/F bei 6,69 € je Fall und für R bei 15,44 € je Fall.

Mit Schreiben vom 03.11.2015 teilte die Prüfungsstelle dem Kläger mit, im Rahmen einer Vorabprüfung sei festgestellt worden, dass das Arzneimittelverordnungsvolumen im Kalenderjahr 2013 das individuelle Richtgrößenvolumen um mehr als 15 % (nämlich um 129,87 %) überstiegen habe. Die Prüfungsstelle führe daher eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Arznei- und Verbandmitteln (Richtgrößenprüfung) bei dem Kläger durch. Aufgrund der vorliegenden Daten werde davon ausgegangen, dass die Überschreitung nicht in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten erklärt werden könne. Dem Kläger werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dem Anhörungsschreiben waren zur näheren Erläuterung Anlagen beigefügt (u.a. eine Verordnungsstatistik für Arzneimittel nach Richtgrößen sowie Anlagen zur Anwendung der Filter des von den Prüfgremien zur Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten angewandten Filterverfahrens).

Der Kläger führte daraufhin mit Schreiben vom 23.11.2015 aus, dass die ihm eingeräumte Frist zur Stellungnahme bis zum 24.11.2015 zu kurz und eine Fristverlängerung zu Unrecht abgelehnt worden sei. Bezugnehmend auf die für das Verordnungsjahr 2011 erfolgte Stellungnahme wies er darauf hin, dass er wiederholt dargelegt habe, dass sein Verordnungsverhalten wirtschaftlich sei und er insbesondere in medizinisch vertretbaren Fällen Generika einsetze. Vor diesem Hintergrund seien die um wenige Prozent erhöhten durchschnittlichen Jahreskosten je Patient in der Indikation Osteoporose nicht auf ein unwirtschaftliches Verhalten zurückzuführen, dies sei vielmehr in vollem Umfang als Praxisbesonderheit anzuerkennen. Damit seien im Zusammenhang mit dem Filter 6a 1 für 27 Rezeptpatienten Mehrkosten...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?