Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. Entscheidung über die Streitwertbeschwerde allein durch den Berichterstatter des LSG. Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB 4. Regelstreitwert. Sinn und Zweck des in § 68 Abs 1 S 5 iVm § 66 Abs 3 S 1 GKG vorgeschriebenen Abhilfeverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das LSG entscheidet über die Streitwertbeschwerde gemäß § 68 Abs 1 S 5 iVm § 66 Abs 6 S 1 Halbs 2 GKG durch den Berichterstatter allein, wenn die angegriffene Streitwertfestsetzung durch den Kammervorsitzenden des SG als Einzelrichterentscheidung ergeht.

2. Für Streitigkeiten, die Statusfeststellungen nach § 7a SGB 4 betreffen, ist der Regelstreitwert festzusetzen (vgl BSG Beschluss vom 5.3.2010 - B 12 R 8/09 R). § 269 Abs 3 S 3 ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht analog anwendbar.

 

Orientierungssatz

Das in § 68 Abs 1 S 5 iVm § 66 Abs 3 S 1 GKG vorgeschriebene Abhilfeverfahren ist nach seinem Sinn und Zweck darauf beschränkt, dem Ausgangsgericht ggf die Korrektur seiner Entscheidung zu ermöglichen, im übrigen aber die Entscheidung der nächsthöheren Instanz herbeizuführen. Insoweit ist es im Falle der Nichtabhilfe ausreichend, wenn der Kammervorsitzende des SG durch seinen handschriftlichen Vermerk dokumentiert hat, dass er mit der Sache befasst war und der Beschwerde nicht abgeholfen hat (Anschluss an OVG Münster vom 30.11.2010 - 13 E 1221/10).

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. November 2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Senat entscheidet über die Streitwertbeschwerde der Klägerin gemäß § 68 Abs 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 6 Satz 1 Halbsatz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) durch den Berichterstatter allein, da die angegriffene Streitwertfestsetzung durch den Kammervorsitzenden des Sozialgerichts als Einzelrichterentscheidung iS des § 66 Abs 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG anzusehen ist (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. April 2009, L 10 B 42/08 P; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2009, L 1 KR 36/09 B; LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 16. Dezember 2008, L 10 R 5747/08, vom 24. August 2009, L 11 KR 2973/09 W-B und vom 29. Oktober 2009, L 11 KR 5326/08 W-B; aA LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. April 2009, L 5 B 451/08 KA, NZS 2010, 351).

Nach § 197a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm. § 68 Abs 1 Satz 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Abs 2 GKG), die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt. Davon ist hier auszugehen. Die Beschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Der Senat konnte über die Beschwerde entscheiden, obwohl der Kammervorsitzende des SG nicht mit Beschluss über die Nichtabhilfe entschieden hat. Das in § 68 Abs 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 3 Satz 1 GKG vorgeschriebene Abhilfeverfahren ist nach seinem Sinn und Zweck darauf beschränkt, dem Ausgangsgericht ggf die Korrektur seiner Entscheidung zu ermöglichen, im Übrigen aber die Entscheidung der nächsthöheren Instanz herbeizuführen. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 30. November 2010, 13 E 1221/10, veröffentlicht in juris) an und betrachtet es als ausreichend, dass der Kammervorsitzende des SG durch seinen handschriftlichen Vermerk dokumentiert hat, dass er mit der Sache befasst war und der Beschwerde nicht abgeholfen hat.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,- EUR anzunehmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit darf der Streitwert nicht über 2.500.000,- EUR angenommen werden (§ 52 Abs 1 bis 4 GKG). Gegenstand der (zurückgenommenen) Klage war eine Statusfeststellung gemäß § 7a SGB IV (vgl Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2009). Für derartige Streitigkeiten ist der Regelstreitwert festzusetzen (BSG, Beschluss vom 5. März 2010, B 12 R 8/09 R). Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeregte analoge Anwendung des § 269 Abs 3 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ist im sozialgerichtlichen Verfahren schon deshalb nicht möglich, weil dieser Bestimmung die Unterscheidung zwischen Anhängigkeit der Klage (Einreichung bei Gericht) und Rechtshängigkeit der Klage (Zustellung an den Prozessgegner, § 253 ZPO) zugrunde liegt, während das SGG eine derartige Differenzierung nicht kennt. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Streitsache bereits mit Zugang der Klage beim SG rechtshängig (§ 90 iVm § 94 SGG).

Das Verfah...

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