Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Erstattung der für ein Gutachtens entstandenen Kosten und Auslagen auf die Staatskasse;. § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. April 2000 dahingehend abgeändert, dass die Kosten und Auslagen des Gutachtens von
Dr. vom 19. Oktober 1999 in vollem Umfang auf die Staatskasse übernommen werden.
Gründe
I.
Gestritten wird um die Frage, ob das Sozialgericht Stuttgart (SG) zu Recht nur die Hälfte der Kosten und Auslagen eines Gutachtens auf die Staatskasse übernommen hat.
Zwischen den Beteiligten war die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) von 40 auf 20 streitig. Das Versorgungsamt Stuttgart hatte mit Bescheid vom 21. April 1998 Wirbelsäulenbeschwerden mit einem GdB von 20 und eine beginnende Hüftgelenksarthrose rechts mit 10 bewertet. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 1998 zurückgewiesen. Mit der hiergegen erhobenen Klage begehrte der Kläger, die beim ihm vorliegenden Behinderungen weiterhin mit einem GdB von 40 zu bewerten. Im Rahmen der Sachaufklärung veranlasste das SG u.a. eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet. Der Unfallchirurg Dr. kam in seinem Gutachten vom 22. März 1999 zu dem Ergebnis, schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt lägen nicht vor, so dass die Wirbelsäulenbeschwerden mit einem GdB von 20, die Beschwerden im rechten Schultergelenk und Hüftgelenksbeschwerden mit Einzel-GdB von 10 zu bewerten seien. Unter Berücksichtigung dieser Untersuchungsergebnisse stellte der Internist Dr. med. in seinem Zusatzgutachten vom 16. März 1999, in dem er auf seinem Fachgebiet keine einem GdB bedingenden Gesundheitsstörungen diagnostizierte, den Gesamt-GdB mit 20 fest. Auf Antrag des Klägers wurde gemäß § 109 SGG der Orthopäde Dr. mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens beauftragt. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 19. Oktober 1999 den orthopädischen Gesamt-GdB mit 30 fest, wobei er eine Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks zusätzlich berücksichtigte und die Wirbelsäulenbeschwerden mit einem GdB von 30 bewertete. Hierauf erklärte sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 27. Januar 2000 bereit, die Behinderungen des Klägers ab 24. April 1998 mit einem GdB von 30 zu bewerten und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Kläger hat dieses Vergleichsangebot mit Schriftsatz vom 10. Februar 2000 angenommen und zugleich beantragt, die Kosten für das Gutachten von Dr. auf die Staatskasse zu übernehmen.
Das SG hat mit Beschluss vom 11. April 2000 die Hälfte der Kosten und Auslagen des Gutachtens von Dr. auf die Staatskasse übernommen. Es hielt eine Kostenteilung deswegen für gerechtfertigt, weil das Gutachten abweichend von demjenigen von Dr. nur zum hälftigen Erfolg der Klage geführt habe.
Hiergegen hat der Kläger am 3. Mai 2000 Beschwerde eingelegt. Er trägt vor, das SG habe bei seiner Entscheidung außer Acht gelassen, dass die Festsetzung des GdB auf 30 den Vorteil gebracht habe, im Wege der Gleichstellung den Kündigungsschutzes für Schwerbehinderte erlangen zu können. Der Antragsgegner ist der Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, entgegengetreten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat Anspruch auf volle Übernahme der durch die Erstattung des Gutachtens von Dr. entstandenen der Kosten und Auslagen auf die Staatskasse.
Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Nach dem Gesetz liegt es somit im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Antragsteller endgültig auferlegt. Ein vom Sozialgericht ausgeübtes Ermessen ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat voll nachprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen ist.
Die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens sind nur dann auf die Staatskasse zu übernehmen, wenn das Gutachten zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht und diese damit objektiv gefördert hat (MeyerLadewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage 1993, § 109 Rdnr. 16a). Dabei kann nicht in jedem Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muß sich vielmehr, gemessen an dem Streitgegenstand, nicht aber am Prozesserfolg, um einen wesentlichen bzw. maßgeblichen Beitrag gehandelt haben. Streitgegenstand in diesem Sinne war hier die Abklärung und Feststellu...