Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vertragsbeziehung der Krankenkasse zu Leistungserbringern. open-house-Verfahren für im Wege des Sprechstundenbedarfs verordnete Kontrastmittel. Bildung wirkstoffübergreifender Fachgruppen. keine Willkür bei Zusammenfassung mehrerer Wirkstoffe mit ähnlichen Eigenschaften. anders als bei Exklusivvertragsabschlüssen bei open-house-Verfahren keine Erforderlichkeit eines Korrekturfaktors für unterschiedliche Jod-Konzentrationen
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung von Krankenkassen bzw ihrer Verbände, open-house-Verfahren für Kontrastmittel, die im Wege des Sprechstundenbedarfs verordnet werden, wirkstoffübergreifend durchzuführen und 15 Fachgruppen zu bilden, innerhalb derer jeweils mehrere Wirkstoffe mit vergleichbaren Indikationen und physikochemischen Eigenschaften sowie ähnlichem Nebenwirkungsprofil zusammengefasst sind, stellt keine willkürliche Vorgehensweise dar. Anders als in einem auf den Abschluss eines Exklusivvertrages gerichteten und deshalb dem Vergaberecht unterworfenen Auswahlverfahren (siehe hierzu OLG Düsseldorf vom 8.2.2017 - VII-Verg 30/16) bedarf es bei dem open-house-Verfahren keines Korrekturfaktors für unterschiedliche Jod-Konzentrationen der in einer Fachgruppe zusammengefassten Kontrastmittel.
Tenor
Der 11. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat durch Beschluss vom 09.08.2021 für Recht erkannt:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts K vom 11.06.2021 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Unterlassung der Fortsetzung - einschließlich des Abschlusses von Verträgen mit Anbietern - wirkstoffübergreifender open-house-Verfahren über die Belieferung mit Kontrastmitteln in der Fachgruppe C in den Bezirken der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) MV und B.
Die Antragstellerin ist eine GmbH mit Sitz in K (Bundesrepublik Deutschland) und Tochtergesellschaft der B S mit Sitz in M/I Republik, die auf die Entwicklung und Herstellung von Kontrastmitteln für bildgebende Verfahren in der Humanmedizin spezialisiert ist. Zu dem Produktportfolio gehören ua Imeron® (Wirkstoff: Iomeprol) in den Konzentrationen 150, 250, 300, 350 und 400 mg Iod/ml und Solutrast® (Wirkstoff: Iopamidol) in den Konzentrationen 200, 300 und 370 mg Iod/ml. Die Klägerin vertreibt die betreffenden Kontrastmittel in der Bundesrepublik Deutschland und verfügt über eine Erlaubnis zum Großhandel mit Arzneimitteln nach § 52a Arzneimittelgesetz (AMG).
Die Antragsgegnerinnen zu 2), 5) bis 7) sind gesetzliche Krankenkassen. Bei dem Antragsgegner zu 1) handelt es sich um den Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen, einschließlich der Antragsgegnerin zu 2). Die Antragsgegner zu 3), 4), 8) und 9) sind Landesverbände der Ersatz-, Innungs- und Betriebskrankenkassen. Der Antragsgegner zu 1) führt im Auftrag der Antragsgegner zu 2) bis 9) die streitgegenständlichen open-house Verfahren durch.
Nach der Vereinbarung über die ärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf (SSB) zwischen der KV MV und den Antragsgegnern zu 2) bis 7) für die ambulante Behandlung in der vertragsärztlichen Versorgung vom 17.01.2017 sind Kontrastmittel bei bildgebenden Verfahren (zur Diagnostik), die nach einmaliger Anwendung verbraucht sind, durch den jeweiligen Vertragsarzt verordnungsfähig, soweit sie nicht mit der Gebühr für die Untersuchung gemäß der jeweils gültigen Gebührenordnung abgegolten sind. Kontrastmittel sind von den Vertragsärzten zentral bei der Antragsgegnerin zu 2) anzufordern, die eine Versorgung unter Berücksichtigung des allgemeinen anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet (Ziff VI.7). Bei der Verordnung von SSB haben die Vertragsärzte den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten; wirtschaftliche Bezugsmöglichkeiten sind zu nutzen und wahrzunehmen (Ziff IV.1). Die Antragsgegnerin zu 2) verwaltet für die Antragsgegner zu 3) bis 7) in MV den Sprechstundenbedarf auf der Grundlage der SSB-Vereinbarung. Die Verordnung von Sprechstundenbedarf erfolgt zu Lasten der Antragsgegnerin zu 2), die dann intern mit den anderen Krankenkassen über ein Umlageverfahren die Kostenverteilung vornimmt.
In der KV-Region MV wurde ein wirkstoffübergreifendes open-house-Verfahren über die Belieferung mit Kontrastmitteln für den Zeitraum vom 01.04.2019 bis zum 31.03.2021 durchgeführt, das eine Fachgruppe C (Bezeichnung: nicht ionische iodhaltige monomere niederosmolare wasserlösliche nephrotrope Röntgenkontrastmittel, Anwendung: intraarteriell und intravenös, Anwendungsgebiete: Urographie, Phlebographie, Arteriographie, Angiographie, Angiokardiographie, digitale Substraktionsangiographie, CT-Kontrastverstärkung, Wirkstoffe/ -kombinationen: Iohexol (V08AB02) und/oder Iopamidol (V08AB04) und/oder Iopromid (V08AB05) und/oder Iomeprol (V08AB10) und/ oder Iobitridol (V...