Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilhabe am Arbeitsleben. Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit als zweitangegangener Leistungsträger. Prüfung des Anspruchs auf Übergangsgeld. Regelungsanordnung. Vorschuss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bundesagentur für Arbeit als zweitangegangener Rehabilitationsträger ist und bleibt gegenüber dem Behinderten der zuständige Leistungsträger, ungeachtet der der "eigentlichen" rechtlichen Zuständigkeiten. Sie hat daher Ansprüche nach allen Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation vorgesehen sind, also auch nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung und dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung.

2. Zeichnet sich ab, dass Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer Regelungsanordnung auftreten werden (hier: Berechnung des Übergangsgeldes nach alternativen Regelungen), ist zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes die Verpflichtung zur Zahlung eines Vorschusses in konkreter Höhe auszusprechen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 30.04.2008 abgeändert.

Die Antragsgegnerin zu 2 wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Übergangsgeld für die Zeit ab 01.05.2008 und die Dauer des Besuchs der Maßnahme Berufliche Integration bei der DEKRA Akademie Ulm zu gewähren; bis zur vorläufigen Festsetzung des Übergangsgeldes hat die Antragsgegnerin zu 2 für die Zeit ab 01.07.2008 einen Vorschusses in Höhe von monatlich 900 € zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin zu 2 hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der 1949 geborene Antragsteller war, unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit, bis zuletzt in seinem erlernten Beruf als Schlosser tätig. Im November 1999 erlitt er einen Arbeitsunfall und er verlor in der Folgezeit seinen Arbeitsplatz. Seither ist er arbeitslos. Die für den Arbeitsunfall damals zuständige S. (BG) leitete im August 2002 einen vom Kläger bei ihr gestellten Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben an die Antragsgegnerin zu 2 weiter (eine Entscheidung über ihre Zuständigkeit sei ihr derzeit nicht möglich), die gegenüber dem Kläger ihre Zuständigkeit bejahte, gegenüber der BG aber rügte, diese habe eine mehr als 15jährige Beitragszahlung zur Rentenversicherung nicht beachtet (Schreiben vom 07.04.2003). In der Folgezeit förderte die Antragsgegnerin zu 2 mehrere Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben, seit Januar 2008 besucht der Kläger eine voraussichtlich bis 30.09.2008 dauernde berufliche Integrationsmaßnahme bei der D. Akademie U.. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat der Antragsteller mangels Anwartschaft nicht (Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 28.02.2008).

Zunächst erhielt der Antragsteller (und seine Ehefrau) vom Landratsamt R. (LRA) auch für die Dauer dieser Maßnahme Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt (Bescheid vom 21.01.2008: Alg II für die Zeit von Januar bis September 2008). Diese Leistungsbewilligung hob das LRA wegen einzusetzenden Vermögens in Form über die Grenze der Angemessenheit hinausgehenden Wohneigentums der Eheleute mit Wirkung ab dem 01.03.2008 auf. Daraufhin beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin zu 1 am 18.02.2008 Übergangsgeld. Diese leitete den Antrag an die Antragsgegnerin zu 2 als für die Maßnahme zuständigen Leistungsträger weiter. Nachdem auch auf einen bei der Antragsgegnerin zu 1 gestellten Antrag auf Gewährung eines Vorschusses keine Leistungsbewilligung erfolgte, hat der Antragsteller am 07.04.2008 beim Sozialgericht Ulm den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, von einer der Antragsgegnerinnen ab 01.04.2008 Übergangsgeld zu erhalten, beantragt. Dies hat das Sozialgericht mit seinem am 05.05.2008 zugestellten Beschluss vom 30.04.2008 und der von der Antragsgegnerin zu 2 vorgetragenen Begründung abgelehnt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Übergangsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) seien nicht erfüllt. Im Übrigen bestehe auch kein Anordnungsgrund.

II.

Die am 15.05.2008 eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hätte die Antragsgegnerin zu 2 zur vorläufigen Gewährung von Übergangsgeld verpflichten müssen. Ein entsprechender Anspruch des Antragstellers ergibt sich aus dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung oder dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung und ist von der Antragsgegnerin zu 2 als zuständigem Rehabilitationsträger zu erfüllen.

Allerdings hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Antragsteller begehrte Regelungsanordnung dargelegt (§ 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Die Antragsgegnerin zu 2 ist der für die Förderung der in Rede stehenden Maßnahme zuständige Leistungsträger. Sie bejahte zutreffend ihre Zuständigkeit als so genannter zweitangegangener Leistungsträger i.S. des § 14 Abs. 2 Neunte...

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