Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. PKH-Beschwerde. Statthaftigkeit. Begründetheit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde wegen Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bleibt zulässig, auch wenn mittlerweile die Hauptsache rechtskräftig entschieden ist.
2. Für die Prüfung ihrer Begründetheit darf das Beschwerdegericht die Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung regelmäßig nicht außer Acht lassen.
Tatbestand
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht F - SG - (S 8 AL 3860/97) hatte der Kläger sich gegen den Bescheid des Arbeitsamts F vom 06. November 1997 (Widerspruchsbescheid vom 04. Dezember 1997) gewandt, in welchem sein Antrag auf Förderung eines Deutsch-Sprachlehrgangs abgelehnt worden war. Den zeitgleich mit der Klageschrift am 22. Dezember 1997 gestellten Antrag auf Prozeßkostenhilfe (PKH) lehnte das SG mit Beschluß vom 05. Februar 1998 ab. Gegen diesen seinen Bevollmächtigten am 17. Februar 1998 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluß hat der Kläger am 17. März 1998 beim SG Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Mit Urteil vom 20. April 1998, den Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 28. April 1998, hat das SG im Hauptsacheverfahren die Klage abgewiesen; dieses Urteil ist nach Lage der Akten vom Kläger nicht angefochten worden.
Entscheidungsgründe
Die unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwältin K für das (mittlerweile rechtskräftig abgeschlossene) Klageverfahren vor dem SG (S 8 AL 3860/97).
Zwar erachtet der Senat die Beschwerde im Rahmen des § 172 Abs. 1 SGG für statthaft und damit insgesamt für zulässig, obwohl das Hauptsacheverfahren wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtskraft des Urteils vom 20. April 1998 nicht mehr an das LSG gelangen kann. Denn es ist in der Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß PKH rückwirkend und sogar noch nach Abschluß des Verfahrens bewilligt werden kann, wenn der entsprechende Antrag mit den erforderlichen Unterlagen bereits während des Verfahrens gestellt, die Beschlußfassung des Gerichts sich aber aus vom Antragsteller nicht zu vertretenden Gründen verzögert hat oder so spät erfolgt ist, daß eine Beschwerdeeinlegung vor Abschluß der Instanz nicht mehr möglich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ BVerfGE 78, 88, 95 unter Hinweis auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung; Bundesgerichtshof ≪BGH≫ NJW 1982, 446,; Oberlandesgericht ≪OLG≫ Karlsruhe FamRZ 1994, 1123; LSG Niedersachsen Breithaupt 1995, 735; Oberverwaltungsgericht Berlin NVwZ 1998, 650; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., § 73a Rdnr. 12c; a.A. OLG Düsseldorf Rpfleger 1988, 548). Dem ist der vorliegende Fall gleichzustellen, daß das SG vor Ergehen des Urteils im Hauptsacheverfahren den Ausgang des Beschwerdeverfahrens in der PKH-Sache nicht abgewartet hat. Darauf, daß der Kläger, der bis zur Beschlußfassung des SG den erforderlichen Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 117 Abs. 2 und 4 der Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫) nicht zu den Akten gereicht hatte, sein in der Klageschrift gestelltes PKH-Gesuch in dieser Beziehung nicht ordnungsgemäß begründet hatte (vgl. dazu BGH JZ 1989, 504), kommt es hier nicht an; denn das SG hatte ihm keine Frist nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzt, sondern die Ablehnung der PKH in seinem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluß allein auf eine fehlende Erfolgsaussicht der Klage gestützt.
An der Zulässigkeit der Beschwerde ändert sich nichts dadurch, daß das im Hauptsacheverfahren ergangene Urteil des SG vom 20. April 1998 mittlerweile rechtskräftig geworden ist (so auch Bundesfinanzhof ≪BFH≫ BFHE 141, 494; OLG Köln FamRZ 1985, 828; Thomas/Putzo, ZPO, 20. Aufl., § 127 Rdnr. 3; Philippi in Zöller, ZPO, 19. Aufl., § 127 Rdnr. 24; Behn, SozVers 1983, 197, 199; a.A. OLG Karlsruhe FamRZ 1995, 240; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 56. Aufl., § 127 Rdnr. 69); denn diese erst nach Beschwerdeeingang eingetretene Änderung der Sachlage berührt nicht das Rechtsschutzbedürfnis (Beschwer; vgl. dazu Meyer-Ladewig, a.a.O., vor § 143 Rdnr. 10 m.w.N.), sondern die Begründetheit der PKH-Beschwerde. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn das Hauptsacheverfahren vor der Entscheidung über die Beschwerde durch eine Prozeßerklärung des Antragstellers seine Erledigung gefunden hatte (vgl. dazu BFHE 144, 407; BFH, Beschluß vom 08. April 1997 - V B 96/96 - ≪unveröffentlicht≫; BFH/NV 1997, 61 und 1998, 623), bedarf hier keiner Entscheidung.
Die Beschwerde des Klägers ist jedoch nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO darf einem im Sinne von § 115 ZPO bedürftigen Antragsteller PKH nur dann bewilligt werden, wenn eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung gegeben ist und diese ni...