Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. PKH. hinreichenden Erfolgsaussichten. maßgeblicher Zeitpunkt: Bewilligungsreife des PKH-Antrages. Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Befragung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Frage der hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne des Prozesskostenhilferechts kommt es auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Antrages an. Dazu gehört neben der schlüssigen Begründung der Klage die Vorlage der vollständig und plausibel ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
2. Die Befragung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen rechtfertigt allein nicht die Annahme hinreichender Erfolgsaussichten.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein erstinstanzliches Verfahren wegen Erwerbsminderungsrente.
Die Klägerin ist am 1975 geboren und bei der Beklagten rentenversichert. Vom 11. September bis 15. Oktober 2013 absolvierte die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der M.-B.-Klinik in K.. Im Entlassungsbericht vom 22. Oktober 2013 berichtet Dr. C. über die Diagnosen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome sowie psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak (Abhängigkeitssyndrom). Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichteten.
Am 14. Februar 2014 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Im Auftrag der Beklagten erstellte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 1. April 2014 unter dem 12. April 2014 ein ärztliches Gutachten. Er diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelschwere bis schwere Episode. Die Klägerin könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auch bei Beachtung qualitativer Einschränkungen nur unter drei Stunden täglich verrichten. Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. April 2014 bis zum 30. April 2015.
Am 18. Dezember 2014 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung. Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. S. aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 4. März 2015 unter dem 7. März 2015 erneut ein ärztliches Gutachten. Er diagnostizierte nun eine rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig leicht). Die Klägerin könne seit März 2015 leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bei Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Weitergewährung der Rente daraufhin mit Bescheid vom 25. März 2015 ab. Die Klägerin könne wieder mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13. April 2015 Widerspruch. Sie sehe sich aufgrund ihrer psychischen Instabilität zur Zeit nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2015 zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17. Juli 2015 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) und beantragte zugleich die Gewährung von PKH unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten. Es seien nach wie vor schwerste Depressionen vorhanden. Neben den psychischen Erkrankungen (Angstzuständen, komplette Antriebslosigkeit, keinerlei Konzentrationsfähigkeit usw.) leide sie mehr und mehr unter weiteren Schmerzen. Es seien unspezifische Schmerzsymptome am ganzen Körper. Ausgelöst würden diese Schmerzen, welche durchgehend seit April 2015 bestünden, ebenfalls aus neurologischen Gründen. Zum PKH-Antrag trug sie vor, von “spärlichen Alg II-Bezügen„ zu leben und die Kosten der Rechtsverfolgung nicht finanzieren zu können. Sie legte zusammen mit der im Original am 20. Juli 2015 eingegangenen Klageschrift den Vordruck “Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenshilfe„ vor. Die Abschnitte D, E, F bis J dieses Vordrucks waren weitgehend durchgestrichen und enthielten auch ansonsten keine Einträge. Beigefügt war ein Bescheid des Landratsamt L. vom 22. Mai 2015 über die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) für Mai bis Oktober 2015.
Mit Schreiben vom 8. Februar 2016 wies das SG den Bevollmächtigten der Klägerin darauf hin, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständig sei, insbesondere alle Angaben in den Feldern E und G fehlten.
Die Klägerin ließ am mit Schriftsatz vom 27. April 2016, beim SG eingegangen am 29. April 2016, ...