Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Unterkunft und Heizung. Zusicherung der Übernahme der Aufwendungen für eine neue Unterkunft

 

Leitsatz (amtlich)

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kommt eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Erteilung einer Zusicherung hinsichtlich der Unterkunftskosten für eine erst noch anzumietende Wohnung nicht in Betracht, sondern allenfalls die Verpflichtung zur vorläufigen Übernahme der tatsächlichen Kosten einer Unterkunft.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (zuletzt Bescheid vom 7. Juli 2021, Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2021). Seinen Antrag vom 23. November 2020 auf „Erhöhung des Kaltmieten-Budgets auf 700,00 € für Wohnungssuche“ lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Dezember 2020 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2021 zurück mit der Begründung, eine Zustimmung zur Anerkennung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung könne nur im Hinblick auf ein konkretes Wohnungsangebot erfolgen. Ein Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung der Übernahme künftiger angemessener Unterkunftskosten bestehe nicht. Ein konkretes Wohnungsangebot liege derzeit nicht vor. Zwar sei die grundsätzliche Notwendigkeit eines Umzugs aus gesundheitlichen Gründen gegeben. Ohne Vorliegen eines konkreten Wohnungsangebots bestehe jedoch auch kein Anspruch auf Erteilung einer Zustimmung zur Übernahme von Umzugskosten. Eine Zusicherung zur Übernahme von Maklerkosten komme gleichfalls regelmäßig erst in Betracht, wenn ein konkretes Vermittlungsangebot für Wohnraum unterbreitet werde. Gleichwohl werde dem Antragsteller ein sogenannter Maklerschein ausgestellt, wonach die Übernahme von Maklergebühren in Höhe von bis zu zwei Netto-Monatsmieten unter der Voraussetzung zugesichert werde, dass die Kaltmiete die aktuelle Mietobergrenze von 525,00 € nicht übersteige.

Hiergegen hat der Antragsteller am 17. September 2021 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben (S 11 SO 3556/21).

Am 28. Oktober 2021 hat er beim SG unter Beifügung einer ärztlichen Stellungnahme beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kaltmiete für eine neue Unterkunft in Höhe von 700,00 € zu übernehmen.

Mit Beschluss vom 15. Dezember 2021 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt mit der Begründung, es fehle bereits an einem Anordnungsanspruch, denn die Entstehung von höheren Unterkunftskosten sei mangels eines konkreten Wohnungsangebotes nicht hinreichend dargelegt. § 35 Abs. 2 Satz 4 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bestimme, dass der Träger der Sozialhilfe im Fall von unangemessen hohen Aufwendungen für die neue Unterkunft nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen verpflichtet sei, es sei denn, er habe den darüber hinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt. Die vom Gesetz verwendete Formulierung, dass „den Aufwendungen vorher zugestimmt“ werden müsse, sei als Abgabe einer Zusicherung auszulegen. Die Zusicherung sei ein der späteren Bewilligung von Kosten für Unterkunft und Heizung vorgeschalteter Verwaltungsakt im Sinne von § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Anspruch auf Zusicherung erfordere dabei regelmäßig die Prüfung des Einzugs in eine angemessene Wohnung. Die Erteilung der Zusicherung müsse daher anhand eines konkreten Wohnungsangebotes erfolgen. Es bestehe kein Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung im Hinblick auf die Übernahme künftiger angemessener Unterkunftskosten wegen der abstrakten Erforderlichkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung in eine nicht näher konkretisierte angemessene Wohnung. Eine entsprechende Zusicherung habe die Antragsgegnerin nicht erteilt. Eine solche sei insbesondere nicht in der E-Mail vom 21. Juni 2021 zu sehen, mit welcher die Antragsgegnerin ausdrücklich auf die Vermittlung einer Wohnung durch das Amt für Liegenschaften und Wohnen Bezug genommen und zutreffend zum Ausdruck gebracht habe, dass nach Vermittlung einer Wohnung gegebenenfalls Kosten auch abweichend von der Mietobergrenze anerkannt werden könnten. Die insoweit erforderliche einzelfallbezogene Prüfung könne jedoch erst bei Vorlage eines konkreten Wohnungsangebotes und nicht aufgrund der abstrakten Erforderlichkeit des klägerischen Umzugs erfolgen.

Gegen den ihm am 17. Dezember 2021 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 17. Januar 2022 Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Mit Schreiben vom 2. Februar 2022 hat er mitgeteilt, ihm liege kein aktuelles Wohnungsangebot vor. Eine Kostenzusage durch die Antragsgegnerin sei auch e...

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