Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. kein Darlehen wegen Mietschulden bei unangemessen teurer Unterkunft

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Übernahme von Mietschulden ist nicht gerechtfertigt, wenn trotz Schuldenübernahme der Erhalt der Wohnung langfristig nicht gesichert werden kann. Dies ist der Fall, wenn die Leistungsberechtigten in einer unangemessen teuren Unterkunft leben.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 10. August 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Darlehens wegen Mietschulden in Höhe von 7.421,70 €.

Die 1963 geborene Antragstellerin zu 1 und ihre 1997 und 1998 geborenen Kinder (Antragsteller zu 2 und 3) beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Antragsgegner, wobei der Antragsteller zu 3 nur zeitweise in F. lebt. Die Antragstellerin zu 1 erzielt Erwerbseinkommen aus einer Tätigkeit als Altenpflegerin. Für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2011 bewilligte der Antragsgegner vorläufig Leistungen (Bescheid vom 19. April 2011), wobei er eine als angemessen angesehene Kaltmiete von 423,75 € zugrunde legte und insgesamt 552,60 € als Bedarf für Unterkunftskosten zugrunde legte. Mit Bescheid vom 19. September 2011 bewilligte der Antragsgegner weiter vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. November 2011 bis 30. April 2012.

Die Antragsteller bewohnen in Freiburg eine 3-Zimmer-Wohnung mit 75 qm zu einer Kaltmiete von 649,34 €, insgesamt sind monatlich 850 € an die Vermieterin zu zahlen. Im November 2010 wurde die Miete von den Antragstellern nur teilweise, ab Dezember 2010 gar nicht mehr gezahlt. Die Vermieterin bezifferte die Mietrückstände mit Schreiben vom 6. Juli 2011 auf 7.421,70 € und kündigte das Mietverhältnis fristlos. Die Antragsteller beantragten am 11. Juli 2011 beim Antragsgegner die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 7.421,70 €. Nachdem sie die fristlose Kündigung erhalten hätten, müssten sie aus ihrer Wohnung ausziehen, falls die Mietrückstände nicht beglichen würden. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19. Juli 2011 ab, da die derzeitigen Mietkosten den angemessenen Satz überstiegen. Es sei zu erwarten, dass erneut Mietrückstände entstünden. Eine unangemessene Unterkunft dauerhaft zu sichern sei nicht möglich.

Am 21. Juli 2011 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Freiburg (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Für die Antragstellerin zu 1 als alleinerziehende Mutter mit Migrationshintergrund und im Insolvenzverfahren sei es trotz zweijähriger Wohnungssuche unmöglich gewesen, auf dem angespannten F. Wohnungsmarkt eine günstigere Wohnung zu finden. Aufgrund zusätzlicher finanzieller Belastungen sei es in den vergangenen Monaten nicht möglich gewesen, das Geld für die Miete aufzubringen. Das Argument, dass die Unterkunftskosten unangemessen hoch seien, trage nicht mehr, nachdem die Antragstellerin zu 1 ein Zimmer zum Preis von 250 € untervermietet habe. Zudem sei zu erwarten, dass die Antragstellerin zu 1 in den nächsten Monaten eine Vollzeitstelle als Altenpflegerin erhalten werde und dann nicht mehr auf Arbeitslosengeld II angewiesen sein werde.

Mit Beschluss vom 10. August 2011 hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es gestützt auf § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeführt, dass es vorliegend schon an einem Anordnungsgrund und damit der Eilbedürftigkeit fehle. Es sei dem SG nicht erkennbar, ob inzwischen Räumungsklage erhoben worden sei. Selbst wenn dies der Fall sei, bliebe den Antragstellern nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Möglichkeit, spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs den Vermieter hinsichtlich der fälligen Miete zu entschädigen oder eine Verpflichtung durch eine öffentliche Stelle herbeizuführen. Derzeit sei weder ersichtlich, ob Räumungsklage erhoben sei, noch sei die Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB verstrichen. Eilbedürftigkeit sei damit nicht glaubhaft gemacht. Dies gelte umso mehr, als sich die finanzielle Situation der Antragsteller ihren Angaben zufolge deutlich verbessern werde.

Auf die der Antragstellerin zu 1 mit Schreiben des Amtsgerichts Freiburg (AG) vom 16. August 2011 zugestellte Räumungsklage erging am 7. September 2011 gegen die Antragstellerin zu 1 ein Versäumnisurteil, mit welchem sie u.a. zur Räumung der Wohnung und zur Zahlung rückständiger Miete nebst Zinsen verurteilt wurde (- 1 C 2427/11 -).

Gegen den ihren Bevollmächtigten am 17. August 2011 zugestellten Beschluss des SG richtet sich die am 19. September 2011 eingelegte Beschwerde der Antragsteller. Mittlerweile sei ein Versäumnisurteil ergangen, mit dem die Antragstellerin zu 1 zur Räumung der Wohnung verpflichtet ...

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