Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Ermächtigung. Hochschulambulanz. drittschützende Wirkung gegenüber niedergelassenen Vertragsärzten. Festsetzung der höchstzulässigen Fallzahl durch Zulassungsgremien. Eingrenzung der Behandlungstätigkeit. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 117 Abs 1 S 2 SGB 5 hat drittschützende Wirkung und zwar zu Gunsten der niedergelassenen Vertragsärzte.

2. Es ist Aufgabe der Zulassungsgremien im Rahmen der zu erteilenden Ermächtigung unmittelbar auch die höchstzulässige Fallzahl festzusetzen.

 

Orientierungssatz

Der Träger einer Hochschulambulanz kann nicht von vornherein jedwede Eingrenzung der auf die Ermächtigung gestützten Behandlungstätigkeit unter Berufung auf die Freiheit von Forschung und Lehre abwehren.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beigeladenen Nr. 8 wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Juli 2007 aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 1 bis 7.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer dem Institut für Humangenetik und Anthropologie (im Folgenden: Humangenetikinstitut) erteilten Ermächtigung zur ambulanten Behandlung gesetzlich Krankenversicherter gem. § 117 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V - Hochschulambulanzermächtigung).

Das Humangenetikinstitut gehört - derzeit - zu den Vorkliniken der Medizinischen Fakultät der Antragstellerin und ist dadurch organisatorisch und rechtlich Teil der Universität. Anders als (bspw.) die Institute für Pathologie oder für Mikrobiologie und Hygiene ist es (noch) nicht in das über einen eigenen Rechtsstatus verfügende Universitätsklinikum eingegliedert (Verwaltungsakte S. 18). Verfahrensrechtliche Schritte zur Überführung des Humangenetikinstituts in das Universitätsklinikum sind eingeleitet. Das Verfahren soll nach Angaben der Antragstellerin zum 1.1.2008 abgeschlossen sein; die Zustimmung der Universitätsgremien liegt vor. Für die Zwischenzeit schlossen das Universitätsklinikum F. und die Antragstellerin (Medizinische Fakultät/Humangenetikinstitut) am 20./23.7.2007 (während des anhängigen Beschwerdeverfahrens) eine Kooperationsvereinbarung (Senatsakte S. 26). Diese soll (so die Präambel) im Wesentlichen die gewachsene Zusammenarbeit regeln, nachdem das Humangenetikinstitut, obgleich organisatorisch der Medizinischen Fakultät und damit der Universität zugeordnet, faktisch Teil der Forschung, Lehre und Patientenbehandlung im Universitätsklinikum sei. Einzelheiten zur Zusammenarbeit in Forschung (molekulargenetische Diagnostik, Familienberatung bei genetischen, auch onkologischen, Erkrankungen) und Lehre sind in § 2 und § 3 festgelegt. Das Vertragsverhältnis soll ohne Kündigung mit Abschluss der laufenden Integration des Humangenetikinstituts in das Universitätsklinikum (als Klinikinstitut) enden (§ 6 Abs. 3).

Der Beigeladene Nr. 8, Facharzt für Humangenetik, nimmt seit 1.10.2006 mit Vertragsarztsitz in F. an der vertragsärztlichen Versorgung teil (Verwaltungsakte S. 51). Zuvor hatte er vom 1.10.2003 bis zum 30.9.2006 das Humangenetikinstitut kommissarisch geleitet.

Am 6.3.2007 beantragte die Antragstellerin, dem Humangenetikinstitut, das bis zum 31.3.2007 gem. §§ 95, 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V i.V.m. § 31 Abs. 1 a Ärzte-ZV zur Erbringung humangenetischer Leistungen ermächtigt war, für die Zeit ab 1.4.2007 eine entsprechende Hochschulambulanzermächtigung gem. § 117 Abs. 1 SGB V zu erteilen.

Mit Schreiben vom 29.3.2007 (Verwaltungsakte S. 13) teilte die Beigeladene Nr. 1 dem (zuständigen) Zulassungsausschuss für Ärzte (ZA) hierzu mit, bisher habe das Humangenetikinstitut über eine einen Versorgungsbedarf voraussetzende Ermächtigung verfügt. Die Versorgung der Versicherten werde jetzt durch die als Vertragsärzte niedergelassenen Beigeladenen Nr. 8 und die Gynäkologen und Fachärzte für Humangenetik Dr. Sch.-V. und Dr. E. sichergestellt. Es bestehe weder ein quantitativer noch ein qualitativer Bedarf. Die Beigeladenen Nr.2 bis 7 erklärten sich mit einer Ermächtigung nach § 117 SGB V einverstanden, die allerdings auf den für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang zu begrenzen sei (Schreiben vom 12.4.2007, Verwaltungsakte S. 15).

Mit Beschluss vom 18.4.2007/Bescheid vom 4.5.2007 (Verwaltungsakte S. 26/30) ermächtigte der ZA das Humangenetikinstitut für die Zeit vom 19.4.2007 bis 31.3.2012 in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs. 3 SGB V genannten Personen. Der Zugang sei sowohl auf Überweisung wie auch mit Krankenschein nach Maßgabe des (Durchführungs-)Vertrags nach § 117 Satz 3 SGB V möglich. Weitere Festlegungen zu Umfang oder Inhalt der Ermächtigung wurden nicht getroffen. Zur Begründung führte der ZA aus, auf die Erteilung der Ermächtigung bestehe gem. § 117 Abs. 1 SGB V ein Rech...

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