Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. subjektive Antragshäufung. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Unterkunft und Heizung. vorläufige Zusicherung der Übernahme der Aufwendungen für eine neue Unterkunft. Zuständigkeit bei gleichzeitiger Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe. örtliche Zuständigkeit. gewöhnlicher Aufenthalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine alternative subjektive Antragshäufung ist in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren unzulässig. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den alternativ benannten Antragsgegner scheidet aus.

2. Dem Begehren in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf eine vorläufige Zusicherung nach § 35 Abs 2 S 4 SGB XII fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis.

3. Zum gewöhnlichen Aufenthalt eines schwerbehinderten und pflegebedürftigen Leistungsberechtigten bei Trennung vom Ehepartner.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin Ziff. 1 (Stadt B.) wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 14. August 2020 aufgehoben.

Der Antragsgegner Ziff. 2 (Landkreis E.) wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII für Bedarfe der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe für die Wohnung G. in F. für die Zeit vom 15. August 2020 bis zum 30. Oktober 2020 nach Abzug der von der Beschwerdeführerin bisher erbrachten Leistungen zu gewähren. Im Übrigen wird der einstweilige Rechtsschutzantrag des Antragstellers abgelehnt.

Der Antragsgegner Ziff. 2 trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Instanzen.

 

Gründe

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig und begründet. Das gegen den Antragsgegner Ziff. 2 gerichtete einstweilige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers hat im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Gegenstand des am 5. August 2020 von dem Antragsteller beim Sozialgericht Freiburg (SG) anhängig gemachten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 6 SO 2700/20 ER) war sein Begehren auf eine „vorläufige Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung A1, G. in F. bis vorerst zum 30.10.2020“ im Rahmen von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch ≪SGB≫ Zwölftes Buch ≪XII≫ - Sozialhilfe - ≪SGB XII≫, nachdem die Antragsgegner keine Einigung über die Zuständigkeit für den Hilfefall erzielen konnten und der Vermieter nur bei erklärter Kostenübernahme durch einen Leistungsträger zur Wohnungsüberlassung bereit war. Sein Begehren hatte der Antragsteller ausdrücklich primär gegen den Antragsgegner Ziff. 2 (Landkreis E.) sowie „alternativ“ gegen die Beschwerdeführerin (im Beschwerdeverfahren Antragsgegnerin Ziff. 1/Stadt B.) und weiterhin „alternativ“ gegen den Antragsgegner Ziff. 3 (Landkreis B.) gerichtet. Das SG hat den einstweiligen Rechtsschutzantrag des Antragstellers im Hinblick darauf, dass dieser die Wohnung G. in F. seinerzeit noch nicht angemietet und bewohnt hatte, dahingehend ausgelegt, dass dieser eine vorläufige Zustimmung bzw. Zusicherung nach § 35 Abs. 2 Satz 4 SGB XII zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft begehrt. Das SG hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. August 2020 die Beschwerdeführerin (Stadt B.) „im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsgegner (gemeint Antragsteller) die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die Wohnung Nr. A1, G. in F. vorläufig bis zum 30.10.2020 zuzusichern“. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde. Die Antragsgegner Ziff. 2 und 3 (Landkreise E. und B.) sowie der Antragsteller verteidigen die angefochtene Entscheidung des SG. Der Antragsteller hat „hilfsweise“ die Verpflichtung des Antragsgegners Ziff. 2 (Landkreis E.) und „alternativ“ des Antragsgegners Ziff. 3 „zur vorläufigen Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung Nummer A1, G. zwei in F. bis vorerst zum 30.10.2020“ begehrt. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin hat Erfolg. Das SG hat die Beschwerdeführerin zu Unrecht vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die Wohnung G. in F. bis zum 30. Oktober 2020 „zuzusichern“ (2.). Dagegen hat das gegen den Antragsgegner Ziff. 2 (Landkreis E.) gerichtete einstweilige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers, das dieser im Verfahren vor dem SG unbedingt und nicht in einem Alternativverhältnis geltend gemacht sowie im Beschwerdeverfahren hilfsweise für den Fall des Erfolgs der Beschwerde der Beschwerdeführerin weiterverfolgt hat, im tenorierten Umfang Erfolg (3.).

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin Ziff. 1 ist zulässig. Sie hat die Beschwerde gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt; die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere verfügt der Antragsgegner über ein Rechtsschutzbedürfnis, soweit er aufgrund der erstinstanzlichen einstweiligen Anordnung bereits Le...

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