Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse. wesentliche Änderung. Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Leistungserbringung durch die bisher zuständige Behörde bis zur Fortsetzung durch die nunmehr zuständige Behörde

 

Leitsatz (amtlich)

Ein eingetretener Wechsel der örtlichen Zuständigkeit lässt grundsätzlich einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII unberührt und begründet allein keine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB X.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts S. vom 26. Februar 2019 die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2019 insoweit wiederhergestellt, als die Antragsgegnerin ihre Leistungsbewilligung (Bescheid 14. März 2018) für die Zeit vom 29. Januar bis zum 31. Januar 2019 in Höhe von 41,03 € sowie vom 1. Februar 2019 bis zum 31. März 2019 in Höhe von monatlich 424,00 € aufgehoben hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten; im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab 17. Mai 2019 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt und Rechtsanwältin H., F., beigeordnet.

 

Gründe

Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache teilweise Erfolg. Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass der Antragsteller mittels Telefax seiner Bevollmächtigten am 4. April 2019 gegen den ihr am 4. März 2019 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts (SG) S. vom 26. Februar 2019 Beschwerde eingelegt hat.

1. Gegenstand des am 29. Januar 2019 von dem Antragsteller beim SG S. anhängig gemachten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 20 SO 469/19 ER) ist in der Sache sein Begehren auf eine (vorläufige) Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII), nachdem die Antragsgegnerin die bis zum 31. März 2019 bewilligten Grundsicherungsleistungen (Bescheid vom 14. März 2018) durch Bescheid vom 19. November 2018, freilich mit Widerspruch vom 20. Dezember 2018 angefochten, gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) aufgehoben hatte und ein Streit zwischen der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen über die örtliche Zuständigkeit u.a. für notwendig erachtete Leistungen der Eingliederungshilfe in Form des ambulant betreuten Wohnens entbrannt war. Das SG hat nach Beiladung des Landkreises R. mit dem angefochtenen Beschluss vom 26. Februar 2019 das einstweilige Rechtsschutzgesuch abgelehnt. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, wobei er nach Zurückweisung seines Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2019 Klage zum SG S. erhoben hat. Dabei ist sein Begehren in der Sache auf die Weitergewährung der Grundsicherungsleistungen ab 29. Januar 2019 (Anbringung des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs beim SG S.) in Höhe von monatlich 541,58 € gerichtet (Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. April 2019). Die Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg.

2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1, für Vornahmesachen in Abs. 2. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach § 86b Abs. 3 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.

3. Hinsichtlich der Zeit vom 29. Januar 2019 bis zum 31. März 2019 kommt - entgegen der Rechtsauffassung des SG - vorliegend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG bzw. für den Fall, dass der Klage des Antragstellers gegen den...

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