Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtpsychologischer Verhaltenstherapeut. Verhaltenstherapie -Erwachsener. Verfassungsmäßigkeit. Psychotherapie-Vereinbarungen
Orientierungssatz
1. Die Regelungen der Psychotherapie-Vereinbarungen sind im Verhältnis zum gesetzlich vorgegebenen Arztvorbehalt nicht als zusätzliche Einschränkung der Berufsausübung der psychologischen Verhaltenstherapeuten zu sehen. Vielmehr erweitern sie für psychologische Verhaltenstherapeuten den Bereich der rechtlich zulässigen Berufsausübung, indem sie - über die gesetzliche Regelung hinausgehend - die Möglichkeit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnen (vgl BSG vom 12.5.1993 - 6 RKa 21/91 = SozR 3-2500 § 15 Nr 2).
2. Die Tatsache, daß - mit Ausnahme der Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen - durch die Psychotherapie-Vereinbarungen nichtpsychologischen Verhaltenstherapeuten kein zusätzliche Betätigungsfeld eröffnet wird, begründet keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art 3 GG.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger die Genehmigung zur Durchführung von Verhaltenstherapie als Einzeltherapie bei Erwachsenen im Delegationsverfahren zu erteilen hat.
Der 1950 geborene Kläger ist Diplom-Pädagoge (Prüfungszeugnis der Universität T. - Institut für Erziehungswissenschaft - vom 20.2.1975) und trägt den akademischen Grad eines Doktors der Sozialwissenschaft, verliehen von der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Universität T. (Promotionsurkunde vom 4.12.1979). Vom Wintersemester 1973/74 an bis zum Sommersemester 1976 war er neben dem Studium der Pädagogik bzw. der Promotion auch während 6 Semestern im Studienfach Psychologie eingeschrieben. Von 1976 bis 1978 war er an der Psychologischen Beratungsstelle des Landkreises T. für Eltern, Kinder und Jugendliche tätig (Bescheinigung vom 25.6.1991). Nach journalistischen Tätigkeiten von Juni 1979 bis Januar 1984 war er von Februar 1984 bis Ende 1987 als Aus- und Weiterbildungsleiter beim Laboratoire Bioethique in P. mit den Arbeitsschwerpunkten Psychologie und Kosmetik, Selbstmodifikation, Einzeltherapien in Verhaltenstherapie u.a. beschäftigt. Seit Anfang 1988 ist er als freier Trainer und Verhaltenstherapeut tätig.
Seit März 1991 erstrebt der Kläger die Genehmigung zur Durchführung von Verhaltenstherapie als Einzeltherapie bei Erwachsenen im Delegationsverfahren. Ein erster Antrag vom 15.3.1991/17.7.1991, mit welchem Unterlagen über die Ausbildung und den beruflichen Werdegang vorgelegt wurden, wurde durch formlosen Bescheid vom 11.9.1991, der nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, abgelehnt. Mit einem zweiten Antrag vom 26.3.1992, bei der Beklagten eingegangen am 30.3.1992, legte der Kläger eine Bestätigung von Prof. Dr. B., Leiter des Psychologischen Instituts - Abteilung für Klinische und Physiologische Psychologie - der Universität T. vom 20.3.1992 vor, wonach die Studienunterlagen des Klägers im Rahmen der Postgraduierten-Verhaltenstherapieausbildung als äquivalent zum Diplom der Psychologie anzusehen seien. Nachdem die Beklagte eine Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) vom 1.4.1992 eingeholt hatte, lehnte sie den Antrag des Klägers erneut ab (Bescheid ohne Rechtsmittelbelehrung vom 27.4.1992). Mit einem weiteren am 14.9.1992 eingegangenen Antrag legte der Kläger eine Bescheinigung von Prof. Dr. B. vom 7.9.1992 vor. Darin bezeichnete dieser die vom Kläger erbrachten Studienleistungen im Hauptfachstudium Psychologie und in der anschließenden Promotion im Fachbereich Sozial- und Verhaltenswissenschaften als gleichwertig mit dem Abschluß als Diplom-Psychologe. Die KÄBV vertrat daraufhin in der Stellungnahme vom 16.9.1992 die Auffassung, eine Teilnahme am Delegationsverfahren könne nun akzeptiert werden. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Dekan der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften unter dem 7.12.1992 mit, eine Äquivalenz des Studienabschlusses des Klägers mit dem Psychologie-Diplom sei nicht gegeben. Prof. Dr. B. wies daraufhin in einem Schreiben vom 20.1.1993 an die Beklagte darauf hin, daß er nicht erklärt habe, daß das Psychologie-Diplom dem Pädagogik-Diplom äquivalent sei. Hierüber habe der Dekan zu befinden. Er als Ordinarius für klinische Psychologie habe allerdings darüber zu befinden, ob im speziellen Fall des Klägers für dessen spezifisches Anliegen der Kassenzulassung Äquivalenz vorliege. Dies sei der Fall.
Durch Bescheid vom 3.2.1993 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers unter Hinweis auf den Bescheid vom 17.10.1991 ab. Der Kläger erfülle die in § 3 Abs. 3 der Psychotherapie-Vereinbarung genannten Voraussetzungen für die Teilnahme am Delegationsverfahren zur Durchführung von Verhaltenstherapie bei Erwachsenen nicht. Da er die darin geforderte abgeschlossene akademische Ausbildung als Diplom-Psychologe nicht nachweisen könne, müsse in die Prüfung der Frage, ob die weiter geforderte abgeschlossene Zusatzausbil...