Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachverständigenentschädigung. Gesetzesänderung. Stundensatz

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes über die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger sind für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit unvollständig und wenig praktikabel. Die bisherige Rechtsprechung des Senats zu den Stundensätzen ist deshalb auf das neue Kostenrecht ergänzend und konkretisierend zu übertragen. Die Vergütungsabrechnung des Sachverständigen ist anhand von Erfahrungswerten auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Diese Plausibilitätsprüfung setzt voraus, dass der Sachverständige seine Kostenrechnung nach Aktenstudium einschließlich Diktat der Aktenlage (soweit für die Erstellung des Gutachtens erforderlich), Untersuchung mit Anamnese einschließlich Diktat (sofern während der Untersuchung diktiert), Abfassung des Gutachtens unterteilt in Diktat der Anamnese und Befunde (soweit nicht bereits während der Untersuchung diktiert) und Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat sowie Korrektur aufgliedert.

 

Tenor

Die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten vom 05.08.2004 wird auf 1476,60 € festgesetzt.

 

Gründe

In dem beim Senat anhängigen Berufungsverfahren L 12 RJ 1296/04 geht es um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat mit Schreiben vom 01.07.2004 beim Antragsteller unter Beifügung von ca. 800 Blatt Akten ein internistisch-rheumatologisches Fachgutachten in Auftrag gegeben, das dieser unter dem Datum des 05.08.2004 auf insgesamt 41 Seiten erstattet hat. Dabei hat er auf 30 Seiten die Anamnese und die Befunde sowie die Auswertung der Fragebögen dargestellt und auf insgesamt neun Seiten die Beweisfragen des Senats (ohne deren Wiederholung) beantwortet.

Mit seiner Rechnung vom 20.08.2004 hat der Antragsteller zunächst die Vergütung von 21,5 Stunden zu je 60 € zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer und Versandauslagen begehrt. Auf Nachfrage des Senats hat er seine Rechnung überprüft und wie folgt spezifiziert:

Aktenstudium 4,25 Stunden

Untersuchung mit Anamneseerhebung 4,25 Stunden

Diktat von Anamnese und Befunden einschließlich Auswertung der Fragebögen (letzteres 2,25 Stunden) 6,5 Stunden

Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat 3,25 Stunden Korrektur 2,5 Stunden

Insgesamt 20,75 Stunden

Bei einem Stundensatz von 60 € und (aufgerundet) 21 Stunden ergebe sich ein Betrag von 1260,00 €. Zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer (201,60 €) und Versandauslagen inklusive Porto (15,00 €) betrage die Rechnungssumme 1476,60 €.

Der Antragsgegner hat gegen eine Vergütung in dieser Höhe keine Einwände erhoben.

Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) Anwendung, weil der Gutachtensauftrag nach dem 30.6.2004 an den Antragsteller erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG).

Im Hinblick auf das neue Kostenrecht hält der Senat nach § 4 Abs. 1 JVEG eine gerichtliche Festsetzung der Vergütung von Amts wegen für angemessen und er entscheidet deshalb - § 4 Abs. 7 JVEG sieht eine Entscheidung des Einzelrichters nur über einen Antrag auf richterliche Festsetzung vor - in voller Besetzung.

Die Vergütung ist antragsgemäß in Höhe von 1476,60 € festzusetzen.

Grundlage des Vergütungsanspruches ist § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG. Danach erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Dementsprechend wird es gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages.

A. Stundenzahl

Aus § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG ergibt sich damit, dass sich die Anzahl der zu vergütenden Stunden nicht daran orientiert, wie viele Stunden der Sachverständige zur Erstattung des Gutachtens aufwandte, sondern daran, wie viele Stunden für die Erstattung des Gutachtens erforderlich waren. Insoweit ist keine Änderung der Rechtslage gegenüber dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) eingetreten. Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es - wie im bisherigen Recht, vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG - nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an. Auch hängt die Zeit, die erforderlich ist, nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 22. Aufl., § 3 Rdnr. 21).

Wie bisher schon kann auch unter der Geltung des JVEG allerdings davon...

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