Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Neuregelung der Berechnung des täglichen Bemessungsentgelts ab 1.1.2005. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die ab 1.1.2005 geltende Neuregelung der Berechnung des täglichen Bemessungsentgelts für das Arbeitslosengeld verletzt auch im Falle von Familien mit Kindern nicht Verfassungsrecht.
2. Eine Übertragung der Grundsätze des Urteils des BVerfG zur sozialen Pflegeversicherung (vgl BVerfG vom 3.4.2001 - 1 BvR 1629/94 = BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2) auf den Bereich der Arbeitslosenversicherung wird von der Verfassung nicht verlangt.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Arbeitslosengeld unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten im Streit.
Der 1954 geborene Kläger hat zuletzt vom 01.08.2000 bis zum 31.01.2004 für die Firma A & F GmbH in F als Systemanalyst gearbeitet und hierbei gemäß Arbeitgeberbescheinigung vom 29.01.2004 bei einer Vollzeitbeschäftigung mit 40 Wochenarbeitsstunden ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 4.261,11 € erzielt. Der Kläger, auf dessen Lohnsteuerkarte drei Kinderfreibeträge eingetragen sind und der die Lohnsteuerklasse III hat, hat am 01.04.2004 bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 03.02.2004 in Höhe von täglich 60,11 €. Nach einer mehrmonatigen Zwischenbeschäftigung meldete der Kläger sich am 29.11.2004 erneut arbeitslos. Die Zwischenbeschäftigung bestand aus einer freiberuflichen Tätigkeit für die Firma A GmbH in O vom 14.07. bis zum 30.11.2004. Der Kläger verwies in zeitlicher Nähe mit seinem Antrag darauf, dass das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 03.04.2001 (1 BvR 1629/94) festgestellt habe, dass die Höhe der Pflegeversicherungsbeiträge für Familien mit Kindern im Vergleich zu solchen ohne Kindern verfassungswidrig hoch sei und dass die nachgewiesene Schieflage auch für die anderen Teile der Sozialversicherung zu überprüfen sei.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst ab dem 01.12.2004 Arbeitslosengeld in der bisherigen Höhe und danach mit Änderungsbescheid vom 02.01.2005 mit Wirkung ab dem 01.01.2005 in Höhe von täglich nur noch 59,82 €.
Seinen deswegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Sozialversicherungspauschale seines Arbeitslosengeldes niedriger bemessen werden müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2005 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl- I S. 2848) seien unter anderem die §§ 131, 133 und 134 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) mit Wirkung zum 01.01.2005 neu gefasst worden. Eine Übergangsregelung sehe das Gesetz nur für die Ermittlung des Bemessungsentgelts vor. Vorliegend sei jedoch das bisherige ungerundete wöchentliche Bemessungsentgelt übernommen und nach den nunmehr geltenden Vorschriften auf das tägliche Bemessungsentgelt umgestellt worden. Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III sei Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag (bisher: Woche) entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Leistungsentgelt sei gemäß § 133 SGB III das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt. Abzüge seien eine Sozialversicherungspauschale von 21 Prozent des Bemessungsentgelts, die Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle, sowie der Solidaritätszuschlag ohne die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen. Nach § 134 SGB III werde das Arbeitslosengeld für Kalendertage berechnet und geleistet. Sei es für einen vollen Monat zu zahlen, sei dieser mit 30 Tagen anzusetzen. Ab dem 01.01.2005 sei dem Kläger das tägliche Bemessungsentgelt bekannt zu geben. Das wöchentliche Bemessungsentgelt habe bis zum 31.12.2004 im Falle des Klägers ungerundet 985,00 € betragen; es betrage damit täglich 140,48 €. Bei dem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 140,48 € ergebe sich nach den pauschalen Abzügen unter Berücksichtigung der Steuerklasse III ein täglicher Leistungssatz in Höhe von 59,82 €, welcher auch gewährt worden sei. Nach Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) sei die Beklagte als Teil der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz gebunden. Sie müsse daher die Bestimmungen des SGB III beachten und dürfe nicht von der im Gesetz festgelegten Berechnungsweise abweichen.
Der Kläger hat deswegen am 13.04.2005 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Das Arbeitslosengeld sei nicht familiengerecht und damit verfassungswidrig ausgestaltet. Sein zuletzt konstant erzieltes Bruttogehalt von 4.261,11 € habe einem Nettoentgelt von 2.715,00 € monatlich entsprochen. Seit Dezember 2004 habe er Arbeitslosengeld in Höhe von 420,77 € wöchentlich und damit monatlich 1.828,55 € bezogen. Seit Januar 2005 sei sein Arbeitslosengeld um 34,00 € auf 1.794,60 € gekürzt worden, nämlich auf kalendertä...