Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. gerichtskostenpflichtiges Verfahren. Unstatthaftigkeit der Beschwerde gegen eine Kostengrundentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Nach § 197a Abs 1 S 1 SGG ist in gerichtskostenpflichtigen sozialgerichtlichen Verfahren auch § 158 Abs 2 VwGO entsprechend anzuwenden. Eine Beschwerde gegen eine Kostengrundentscheidung des SG ist daher nicht statthaft. Eine Einschränkung im Hinblick auf eine ansonsten unterschiedliche Verfahrensweise zwischen Verfahren nach den §§ 183, 193 SGG einerseits und § 197a SGG andererseits (so noch LSG Stuttgart vom 22.5.2007 - L 8 AL 3833/06 = Breith 2007, 996) kann nach der Einführung einer entsprechenden Regelung auch für die nach § 183 SGG gerichtskostenfreien Verfahren in § 172 Abs 3 Nr 3 SGG zum 1.4.2008 nicht mehr begründet werden.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Reutlingen vom 27.04.2021 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, da sie bereits nicht statthaft ist.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das SG nach § 197a SGG i.V.m. § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des dort unter dem Az. S 10 R 2239/14 geführten Klageverfahrens entschieden. In diesem Klageverfahren gehörten weder Kläger noch Beklagte zu dem in § 183 Abs. 1 SGG genannten Personenkreis, so dass sich die Kostengrundentscheidung nicht nach § 193 SGG, sondern nach § 197a SGG richtete. Hierüber besteht auch kein Streit.
Der Ausschluss der Beschwerde ergibt sich daher entgegen der Begründung des Beschlusses nicht aus § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG, weil die Kostengrundentscheidung nicht nach § 193 SGG zu treffen war. Über § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ist insoweit vielmehr auch § 158 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift ist die Entscheidung über die Kosten dann, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist, unanfechtbar. Die Beteiligten hatten den Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet, so dass keine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist.
Die entsprechende Anwendung des § 158 Abs. 2 VwGO ist hier nicht eingeschränkt. Der Senat hat zwar in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass zumindest bei Unklarheiten, ob § 183 SGG i.V.m. § 193 SGG oder § 197a SGG einschlägig ist, ein Beschwerderecht bestehen soll. Für diese Auffassung spräche, dass es ansonsten eine kaum zu begründende unterschiedliche Verfahrensweise zwischen Verfahren nach den §§ 183, 193 SGG (Pauschalgebührenregelung) einerseits und § 197a SGG (Gerichtsgebührenregelung) gäbe (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.05.2007 - L 8 AL 3833/06 -, Rn. 5, juris). Mit der Einführung der - von dem SG in dem Beschluss irrtümlich zitierten - entsprechenden Regelung auch für gerichtskostenfreie Verfahren nach §§ 183, 193 SGG in § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG zum 01.04.2008 (Art. 1 Nr. 29 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008, BGBl. I, 444) ist dieser Argumentation aber die Grundlage entzogen worden (vgl. etwa Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 05.05.2017 - L 10 AL 72/17 B -, Rn. 7 in juris; so schon zuvor bereits Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.10.2006 - L 5 KA 236/06 AK-B -, in juris).
Die Beschwerde war nach alledem als unzulässig zu verwerfen. Der Senat hat daher nicht über die Rechtmäßigkeit der in dem Beschluss getroffenen Kostenregelung zu befinden.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Ein Streitwert war für das Beschwerdeverfahren nicht festzusetzen, weil die Gerichtsgebühr aufgrund der Verwerfung der Beschwerde pauschal 66,- € beträgt (§ 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes ≪GKG≫ - i. V. m. Nr. 7504 des Kostenverzeichnisses - Anlage 1 zum GKG; vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.01.2017 - L 25 AS 2835/16 B -, juris).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen
Dokument-Index HI14902374 |