Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Ablehnung eines Darlehens für Mietschulden bei unangemessenen Unterkunftskosten. Angemessenheitsprüfung. Wohnflächengrenze bei temporärer Bedarfsgemeinschaft zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit getrennt lebenden Kindern. verfassungskonforme Auslegung. Bildung Mittelwert zwischen Einpersonen- und Vierpersonenhaushalt
Leitsatz (amtlich)
1. Die Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft führt nicht dazu, dass im Rahmen der Bestimmung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung für die zeitweise in der Unterkunft lebenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft dauerhaft der volle Raumbedarf zu berücksichtigen ist, da staatliche Leistungen zur Existenzsicherung im Rahmen familienrechtlicher Beziehungen die Ausübung des Umgangsrechts bei Bedürftigkeit nur ermöglichen, nicht jedoch optimieren sollen.
2. Durch die Berücksichtigung des hälftigen Platzbedarfs wird das Umgangsrecht, jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, ausreichend ermöglicht (Anschluss an LSG Niedersachsen-Bremen vom 4.1.2012 - L 11 AS 635/11 B ER = NdsRpfl 2012, 388).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 25. März 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die statthafte Beschwerde (vgl. § 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig. Zwar hat der Antragsteller die Frist zur Einlegung der Beschwerde von einem Monat ab Bekanntgabe des Beschlusses des Sozialgerichts Mannheim (SG; vgl. § 173 Satz 1 SGG), die nach der Zustellung des Beschlusses am 28.03.2014, mit dem 29.03.2014 zu laufen begann (vgl. § 64 Abs. 1 SGG) und mit Ablauf des 28.04.2014 endete (vgl. § 64 Abs. 2 SGG), versäumt, da seine Beschwerde erst am 29.04.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangen ist, dem Antragsteller ist jedoch nach § 67 Abs. 1 SGG Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist zu gewähren. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er bei Einlegung der Beschwerde diejenige Sorgfalt angewandt hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden zuzumuten ist. Er durfte bei der Versendung der Beschwerdeschrift vom 26.04.2014, die er nach seinen eigenen Angaben, an denen zu zweifeln kein Anlass besteht, am gleichen Tag zur Post aufgegeben hat, darauf vertrauen, dass die Post die normalen Postlaufzeiten - nach § 2 Nr. 3 Postuniversaldienstleistungsgesetz hat die Deutsche Post AG sicherzustellen, dass sie an Werktagen aufgegebene Inlandssendungen im gesamten Bundesgebiet im Jahresdurchschnitt mindestens zu 80 v.H. am ersten Tag nach der Einlieferung ausliefert (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 67, Rn. 6a) - einhält und die Beschwerdefrist spätestens am 28.04.2014 (Montag) fristwahrend beim Adressaten, dem LSG (vgl. hierzu § 173 Satz 2 SGG), eingehen würde. Da der am 14.05.2014 eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung auch innerhalb der Monatsfrist des § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG gestellt wurde und die verabsäumte Verfahrenshandlung bereits nachgeholt war, ist dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Beschwerde führt jedoch für den Antragsteller nicht zum Erfolg. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes festzustellen, dass eine Wohnungsgröße von 90 m² für den im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehenden Antragsteller und seine in „temporärer Bedarfsgemeinschaft“ lebenden drei Kinder angemessen ist sowie den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller zur Begleichung von Nebenkostenrückständen ein Darlehen i.H.v. 2.724,65 € zu gewähren.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich, gemacht ist (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann gegeben, wenn es dem Antragstellern nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, weil ansonsten schwere, unzumutbare Nachteile entstehen.
Ein (Anordnungs-)Anspruch auf die darlehnsweise Übernahme der Nebenkostenrückstände ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht glaubhaft gemacht.
Für die Annahme eines Anordnungsanspruchs besteht dann kein Raum (mehr), wenn die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrte Leistung, bereits bestandskräftig abgelehnt worden ist (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 12.01.2012 - L 3 AS 5306/11 ER-B -...