Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Heil- und Kostenplan für eine zahnärztliche Versorgung. Begutachtung des Befundes, der Versorgungsnotwendigkeit und der geplanten Versorgung durch die Krankenkasse. Mitwirkungspflichten des Versicherten
Leitsatz (amtlich)
Eine Krankenkasse hat im Rahmen der Prüfung eines Heil- und Kostenplanes für eine zahnärztliche Versorgung das Recht, den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten zu lassen. Der Versicherte ist verpflichtet, an einer vom Gutachter für notwendig erachteten ambulanten körperlichen Untersuchung mitzuwirken. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben, kann die Krankenkasse die Genehmigung des Heil- und Kostenplans nach § 66 Abs 1 S 1 SGB 1 versagen.
Normenkette
SGB I § 11 S. 1, §§ 62, 65 Abs. 1-2, § 66 Abs. 1 S. 1; SGB V § 27 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nrn. 2, 2a, § 28 Abs. 2 S. 1, § 55 Abs. 1 S. 1, § 56 Abs. 1-2, § 82 Abs. 1, § 87 Abs. 1a, § 91 Abs. 6, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 135 Abs. 1; ZErsRL Kap. C Nr. 10 Abs. 2-3
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 02.10.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung der Kostenübernahme für die Versorgung mit Zahnersatz/Zahnkronen im Oberkiefer und begehrt die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den zahnärztlichen Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten zu lassen.
Der 1957 geborene Kläger ist als Arbeitslosengeld-II-Empfänger bei der Beklagten versichert. Unter Vorlage des Heil- und Kostenplans (HKP) des ungarischen Zahnarztes G. vom 18.03.2013 über die Versorgung mit 13 Zahnkronen und einer Brücke im Oberkiefer (bei 13 vorhandenen Zähnen) beantragte der Kläger die Bezuschussung der geplanten Versorgung unter Befreiung von der Zuzahlung des Eigenanteils. Die Beklagte leitete eine Begutachtung ein. Zahnarzt S. wollte eine Begutachtung nach ambulanter Untersuchung durchführen und bat um eine Terminvereinbarung und Vorlage sämtlicher Unterlagen wie Röntgenbilder. Deshalb bat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 06.05.2013 um eine Terminvereinbarung mit dem Gutachter und Zurverfügungstellung sämtlicher Unterlagen. Einer persönlichen Begutachtung widersprach der Kläger und stellte sich zwar am 15.05.2013 bei Zahnarzt S. vor, brachte jedoch keine Unterlagen mit und verweigerte eine Untersuchung. Persönlich wies der Kläger am 16.05.2013 darauf hin, dass er den Zahnärzten nicht vertraue und sich nicht zwangsuntersuchen lassen werde (Bl 11 Verwaltungsakte) und teilte mit Schreiben vom 21.05.2013 mit, er lehne nicht nur den Zahnarzt S. sondern auch andere sog Gutachter ab.
Mit Schreiben vom 24.05.2013 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass für die Entscheidung über die Kostenzusage eine gutachterliche Überprüfung und Stellungnahme erforderlich sei. Werde die Mitarbeit am Gutachten verweigert, könnten Kosten nicht übernommen werden. Deshalb werde nochmals um Terminvereinbarung mit dem Gutachter gebeten. Mit weiterem Schreiben vom 29.05.2013 hielt die Beklagte daran fest, dass für die Frage der Kostenübernahme die Aussage eines Gutachters benötigt werde. Auch aus einem Telefonat mit der Beklagten am 14.06.2013 ergab sich keine Bereitschaft des Klägers zur Begutachtung. Zahnarzt S. befürwortete mit Schreiben vom 30.05.2013 den geplanten Zahnersatz zum jetzigen Zeitpunkt nicht (Bl 18 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 19.06.2013 gab die Beklagte dem Kläger den Antrag ohne Bewilligung zurück. Ohne die Aussage eines Gutachters, ob und in welchem Umfang die geplante Versorgung medizinisch notwendig sei, könne keine Entscheidung über die Kostenübernahme getroffen werden.
Den hiergegen am 18.07.2013 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 als unbegründet zurück (Bl 27 Verwaltungsakte). Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Die Leistung könne bis zur Nachholung der Untersuchung durch einen Gutachter versagt werden. Im Rahmen der Ermessensentscheidung seien keine Gesichtspunkte vorgetragen worden, die eine Entscheidung zugunsten des Klägers ermöglichten.
Am 27.12.2013 hat der Kläger hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben mit der Begründung, schon im Kindesalter seien ihm vier Backenzähne gezogen worden. Die dadurch veränderte Zahnstellung zwinge ihn seitdem beim Kauen zu einem unnatürlichen Bewegungsablauf, zu verstärkter Abnutzung der verbliebenen Zähne und führe zu negativen Auswirkungen auf die Körperstatik. Die radikalen, an ihm durchgeführten Zahnbehandlungen seien nicht notwendig gewesen. Deshalb dulde er keine Diagnose von Ungebetenen wie dem Zahnarzt S.. Wenn er nicht wolle, dürfe sich ihm kein Zahnarzt nähern. Er berufe sich auf sein Recht auf körperliche Unversehrtheit.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung...