Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Gutachten. Ersatz der notwendigen Aufwendungen für eine Hilfskraft. objektiv erforderlicher Zeitaufwand
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für Hilfskräfte können nur ersetzt werden, wenn der Aufwand konkret dargelegt wird und der Sachverständige darlegt, warum der Einsatz der Hilfskraft notwendig war.
Orientierungssatz
Für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen setzt der Senat für 1,5 Standardseiten einen erforderlichen Zeitaufwand von einer Stunde an (vgl LSG Stuttgart vom 14.1.2014 - L 12 KO 4491/12 B = GesR 2014, 555).
Tenor
Die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten vom 07. Februar 2014 im Verfahren L 9 R 1214/13 wird auf 1.151,38 € festgesetzt.
Gründe
I.
In dem beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg geführten Verfahren L 9 R 1214/13 war eine Erwerbsminderung des Klägers streitig. Mit gerichtlicher Verfügung vom 26. Juli 2013 wurde der Antragsteller nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und um die Erstattung eines Gutachtens auf Grund ambulanter Untersuchung des Kläger gebeten; der Vorschuss für das Gutachten betrug 2.500 €. Beigefügt waren die Gerichtsakten des LSG und des Sozialgerichts sowie die Verwaltungsakten der Beklagten. Am 7. Februar 2014 hat der Antragsteller ein 46-seitiges orthopädisches Gutachten erstattet (auf den Seiten 39-46 waren insgesamt 17 Farbfotos abgebildet); die Anzahl der Anschläge betrug 58.526. Hierfür hat er mit Rechnung vom gleichen Tag eine Vergütung in Höhe von 3.488,54 € in Rechnung gestellt. Abgerechnet hat der Antragsteller insgesamt 23,5 Stunden zu je 75 €, eine Helferstunde zu 26,45 €, Kopierkosten, Schreibauslagen und Portokosten.
Die Kostenbeamtin hat die Vergütung mit Schreiben vom 21. Februar 2014 auf 1.110,92 € herabgesetzt. Hierbei hat sie abweichend vom Antrag des Klägers einen Zeitaufwand von 14,0 Stunden und einen Stundensatz von 60 € berücksichtigt. Die Helferstunden könnten nicht übernommen werden.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2014 hat der Antragsteller um Überprüfung gebeten. Den Stundensatz habe er versehentliche schon nach neuen Sätzen berechnet. Es seien mehr Stunden angefallen, als von der Kostenbeamtin berücksichtigt. Die insgesamt 17 Farbfotos seien mit 2 € pro Stück zu erstatten. Angaben zu den Tätigkeiten, die die Hilfskraft durchgeführt hatte, hat der Antragsteller auch auf Nachfrage des Gerichts nicht gemacht. Ebenso wenig hat er dargelegt, in welchem Umfang eine Vergütung an die Hilfskraft gezahlt wurde. Er verwies lediglich darauf, dass die Hilfskraft von ihm hinzugezogen worden und an seine Weisungen gebunden gewesen sei.
Die Kostenbeamtin hat dem Antrag nicht abgeholfen und die Sache dem Kostensenat vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.
II.
Die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten vom 18. März 2014 ist auf 1.151,38 € festzusetzen.
Über den Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 Absatz 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) entscheidet der Senat nach § 4 Absatz 7 Satz 1 JVEG durch den Berichterstatter; Gründe für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat liegen nicht vor.
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung. Denn der Gutachtensauftrag ist vor dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG (1. August 2013) erfolgt.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Absatz 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 5. November 1968, Az.: RiZ (R) 4/68; Bayerisches LSG, Beschluss vom 4. Juli 2014 - L 15 SF 123/14 -, juris). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rn. 12, m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (Bayerisches LSG, Beschluss vom 4. Juli 2014 - L 15 SF 123/14 -, juris; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a.a.O.).
Grundlage des hier zu beurteilenden Vergütungsanspruchs sind die §§ 8, 9, 12 JVEG. Gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2