Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. örtliche Zuständigkeit. Streitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen. Anwendungsbereich des § 57a Abs 3 SGG
Leitsatz (amtlich)
§ 57a Abs 3 SGG begründet nur dann die Zuständigkeit des Sozialgerichts am Sitz der Landesbehörde, wenn Streitgegenstand des Verfahrens eine Entscheidung oder ein Vertrag auf Landesebene ist.
Tenor
Als zuständiges Gericht für das Klageverfahren S 9 KR 7732/10 wird das Sozialgericht Stuttgart bestimmt.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von 949,85 €.
Im O. Klinikum des Klägers wurde in der Zeit vom 24.05.2008 bis zum 09.06.2008 eine Versicherte behandelt. Für die Behandlung wurde von der Klägerin ein Betrag von 5.821,53 € geltend gemacht, der zunächst von der Beklagten beglichen wurde.
In der Folgezeit entstand Streit über die Hauptdiagnose und deren Verschlüsselung. Nach Auffassung der Beklagten durfte nicht der Harnwegsinfekt (N39.0), sondern lediglich der Fersenulcus (L89.47) und damit die Diagnosis Related Group - DRG - (Diagnosebezogene Fallgruppe) J03A und nicht die DRG L09C berechnet werden. Die Beklagte behielt daher im Wege der Aufrechnung 949,85 € ein.
Am 09.12.2010 hat die Klägerin wegen dieses Differenzbetrages von 949,85 € nebst Zinsen beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben.
Mit Beschluss vom 29.11.2010 hat sich das Sozialgericht Freiburg für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das seiner Auffassung nach örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass gem. §57a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Angelegenheiten, die Verträge auf Landesebene betreffen - soweit das Landesrecht nichts Abweichendes bestimme - das Sozialgericht zuständig sei, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz habe. Im vorliegenden Fall sei aufgrund dieser Vorschrift die Zuständigkeit des Sozialgerichts Stuttgart gegeben. Die Klage betreffe einen auf Landesebene geschlossenen Vertrag nach §112 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). §57a Abs. 3 SGG sei weit auszulegen. Die Zuständigkeit des Sozialgerichts Stuttgart werde nicht nur dann begründet, wenn das Bestehen oder die Auslegung von Bestimmungen dieses Vertrages im Streit stehe, sondern in allen Angelegenheiten, die auf der Grundlage des Landesvertrages zu entscheiden seien. Die Entscheidung des Rechtsstreits beträfe hier nicht nur die DRG’s, sondern z. B. auch die Berechtigung der Beklagten mit unstreitigen Vergütungsansprüchen aufzurechnen oder den Zinsanspruch, der sich nach dem Landesvertrag richte. Deshalb sei der Rechtsstreit an das Sozialgericht Stuttgart zu verweisen.
Mit Beschluss vom 04.05.2011 hat sich das Sozialgericht Stuttgart ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die Streitsache dem Landessozialgericht als nächsthöherem Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der nach §112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung geschlossene Vertrag zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen nicht i. S. v. §57a Abs. 3 SGB V betroffen sei. Dieser Vertrag bilde nicht die Anspruchsgrundlage der streitgegenständlichen Vergütungsforderung. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes. Der Behandlungspflicht der nach §109 SGB V zugelassenen Krankenhäuser stehe ein gesetzlicher Vergütungsanspruch gegenüber. Der Sicherstellungsvertrag nach §112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V regele lediglich die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung und sei nur ergänzend heranzuziehen. Dieser Landesvertrag sei für das Entstehen des Vergütungsanspruchs unerheblich. Selbst wenn dieser Vertrag bei der Prüfung des Vergütungsanspruches ergänzend heranzuziehen sei, sei die Zuständigkeit des Sozialgerichts Stuttgart nach §57a Abs. 3 SGG nicht gegeben. Diese Vorschrift sei eine Ausnahmevorschrift zu §57 SGG und deshalb eng auszulegen. Daher sehe sich das Gericht an den Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts Freiburg nicht gebunden und rufe das Landessozialgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts an.
II.
Die nach § 58 Abs. 2 SGG zulässige Vorlage des Sozialgerichts Stuttgart führt im vorliegenden Fall zur Bestimmung dieses Gerichts als zuständigem Gericht. Zwar dürfte das Sozialgericht Stuttgart örtlich unzuständig sein (1.), es ist jedoch an den Verweisungsbeschluss des Sozialgerichts Freiburg gebunden (2.).
1. Gem. § 57a Abs. 3 SGG ist für Angelegenheiten, die Entscheidungen oder Verträge auf Landesebene betreffen - soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt - das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Freiburg ist § 57a Abs. 3 SGG im vorliegenden Fall nicht anwendbar, sodass es bei der allgemeinen...