Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zusicherung für einen Folgeumzug. eigener Haushalt vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Zuzug eines Elternteils. Anwendung von § 22 Abs 5 SGB 2
Leitsatz (amtlich)
Zur Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II: Durch die Aufnahme eines Elternteils in die (eigene) Wohnung einer leistungsberechtigten Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, wird deren Wohnung nicht zur elterlichen Wohnung.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 17.11.2016 aufgehoben, soweit damit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist.
Der Antragsgegner Ziff. 2 wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller im Hinblick auf den beabsichtigten Umzug in die 1-Zimmer-Wohnung in der K. Str. ., E., eine Zusicherung für den Unterkunfts- und Heizungsbedarf für diese Wohnung zu erteilen.
Der Antragsgegner Ziff. 2 hat dem Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe
I.
Der 1993 im Irak geborene Antragsteller, der als Flüchtling anerkannt ist und über eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 09.07.2018 verfügt, beabsichtigt, in eine 1-Zimmer-Wohnung in der K. Str. ., E., umzuziehen. Er begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Zusicherung für den Unterkunfts- und Heizungsbedarf.
Der Antragsteller siedelte im Jahr 2012 in die Bundesrepublik Deutschland über und zog nach F. in die Wohnung seines Vaters, der der deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. In F. besuchte er die Internationale Schule im R.. Nachdem sein Vater im Jahr 2013 nach K. verzog, lebte der Antragsteller mit seinem Bruder in einer Wohnung (H.-M.-Str.) in E. und bezog vom Antragsgegner Ziff. 2 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Ab dem 01.01.2015 mieteten der Antragsteller und sein älterer Bruder, der eine Tätigkeit in Vollzeit ausübt, eine 2-Zimmer-Wohnung in der S. Str. in F. mit 50qm Wohnfläche (ursprünglicher Mietvertrag vom 23.12.2014 für zwei Personen; Kaltmiete 420,00 €, Nebenkosten 200,00 € monatlich). Auf seinen Antrag hin bestätigte der Antragsgegner Ziff. 2 dem Antragsteller, dass der Umzug notwendig sei (Bestätigung vom 18.12.2014). Fortan erhielt der Antragsteller SGB II-Leistungen vom Antragsgegner Ziff. 1. Nachdem der Antragsteller im März 2015 mitgeteilt hatte, dass er und sein Bruder beabsichtigten, die ebenfalls aus dem Irak kommende und im Flüchtlingsheim lebende Mutter in die Wohnung mitaufzunehmen, legte er den - wegen der geplanten Nutzung der Wohnung durch eine weitere Person - geänderten Mietvertrag vom 01.03.2015 vor (Kaltmiete 520,00 €, Nebenkosten 200,00 € monatlich). Laut Mietvertrag wurde die Nutzung der Wohnung auf maximal 3 Personen festgelegt. Der Antragsteller teilte dies dem Antragsgegner Ziff. 1 am 30.03.2015 mit, woraufhin dieser erhöhte Unterkunftskosten anerkannte. Die 1970 geborene Mutter des Antragstellers, die seither in der Wohnung in der S. Str. wohnt, erhielt vom Amt für Soziales und Senioren der Stadt F. zunächst Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Mit Bescheid vom 29.06.2016 bewilligte der Antragsgegner Ziff. 1 dem Antragsteller SGB II-Leistungen vom 01.08. bis 26.09.2016. Nachdem die Mutter ab dem 01.08.2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hatte, hob der Antragsgegner Ziff. 1 den Bewilligungsbescheid gegenüber dem Antragsteller ab dem 01.09.2016 auf, da er ab diesem Zeitpunkt in die Bedarfsgemeinschaft der Mutter aufgenommen werde (Bescheid vom 23.08.2016). Mit Bescheid vom 23.08.2016 bewilligte der Antragsgegner Ziff. 1 der Mutter um dem Antragsteller vorläufig SGB II-Leitungen i.H.v. 484,00 € monatlich ab Oktober 2016 bis Juni 2017, geändert durch Bescheid vom 19.1.2016 (SGB II-Leistungen i.H.v. 1048,00 € monatlich).
Am 31.10.2016 teilte der Bruder des Antragstellers der Antragsgegnerin Ziff. 2 telefonisch (und am 2./03.11.2016 der Antragsteller auch persönlich) mit, dass der Antragsteller eine 1-Zimmer-Wohnung in E. für 470,00 € warm gefunden habe und ein Einzug zum 01.11.2016 möglich sei. Er legte einen (nur) vom Vermieter am 25.10.2016 unterschriebenen Mietvertrag für eine 45qm große 1-Zimmer-Wohnung in der K. Str., E. vor (Kaltmiete 300,00 €, Nebenkosten 180,00 €). Mit Bescheid vom 04.11.2016 lehnte der Antragsgegner Ziff. 2 dem Antragsteller gegenüber eine Zusicherung nach § 22 Abs. 5 SGB II ab. Dass er die Wohnung für drei Personen als zu klein empfinde, rechtfertige nicht einen steuerfinanzierten Umzug.
Hiergegen hat der Antragsteller am 08.11.2016 Widerspruch eingelegt. Am gleichen Tag hat er im Hinblick auf die Erteilung einer Zusicherung beim Sozialgericht Freiburg (SG) auch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er nicht der Zusicherungspflicht des § 22 Abs. 5 SGB II, sondern der des § 22 Abs. 4...