Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertbeschwerde. Entscheidung durch LSG auch bei Fehlen einer förmlichen Nichtabhilfeentscheidung des SG. Wert des Beschwerdegegenstandes. Berechnung anhand Gebührendifferenz nach festgesetztem und erstrebtem Streitwert der jeweiligen Instanz
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Streitwertbeschwerde berechnet sich der Wert des Beschwerdegegenstandes aus der Differenz der Gebühren nach dem festgesetzten und erstrebten Streitwert.
Orientierungssatz
Der Senat kann über die Beschwerde entscheiden, obwohl das SG keinen förmlichen Beschluss über die Nichtabhilfe der Beschwerde erlassen hat. Denn gegen die Nichtzulassung der vorliegend zulassungsbedürftigen Beschwerde im Beschluss des SG ist kein Rechtsbehelf gegeben, weshalb es unter keinem denkbaren Gesichtspunkt befugt war, der Beschwerde abzuhelfen und sie nachträglich zuzulassen (vgl BFH vom 3.5.1984 - VII B 84/83 = BFHE 141, 116; LSG Essen vom 6.4.2011 - L 8 R 688/10 B).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Juni 2016 im Verfahren S 13 SB 1848/16 ER über die endgültige Festsetzung des Streitwertes auf 5.000 € wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Der Kläger ist Rentenberater und wendet sich gegen die Festsetzung des Auffangstreitwertes von 5.000 € im Verfahren S 13 SB 1848/16 ER beim Sozialgericht Karlsruhe (SG).
Gegenüber dem Landratsamt Enzkreis zeigte der Kläger im Widerspruchsverfahren des W. Sch. gegen die Aufhebung eines Rechts auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens “G„ dessen Vertretung an, woraufhin ihn der Beklagte als Rechtsträger der Behörde mit Bescheid vom 9. Februar 2016 als Bevollmächtigten zurückwies. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2016 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 23. März 2016 Klage beim SG (Az. S 13 SB 992/16) erhoben und am 6. Juni 2016 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. S 13 SB 1848/16 ER) das Begehren verfolgt, in entsprechender Anwendung von § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die aufschiebende Wirkung dieser Anfechtungsklage anzuordnen, weil dies vom Beklagten nicht beachtet worden sei. Mit Schreiben vom 13. Juni 2016 hat dieser die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 9. Februar 2016 angeordnet. Dem Widerspruch des W. Sch. ist mit Bescheid vom 15. Juni 2016 abgeholfen worden.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Verfahren S 13 SB 1848/16 ER ist mit Beschluss vom 15. Juni 2016 abgelehnt worden. Dieser sei unzulässig, da nach Erlass des Abhilfebescheides gegenüber W. Sch. die Anfechtungsklage des Klägers allenfalls in eine Fortsetzungsfeststellungsklage geändert werden könne. In einer solchen Konstellation fehle dem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgten Begehren das Rechtsschutzbedürfnis, da eine gerichtliche Entscheidung dem Kläger keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil mehr bringen könne. Die Vertretung des W. Sch. sei hinfällig geworden.
Mit Beschluss gleichen Datums ist der Streitwert für das Verfahren S 13 SB 1848/16 ER, ohne die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuzulassen, endgültig auf 5.000 € festgesetzt worden. Nach dem Vorbringen und dem erkennbaren Ziel des Klägers erschöpfe sich die kostenrechtliche Bedeutung nicht nur in dem Gebührenanspruch für das Auftreten für seine Mandantschaft in einem einzigen Verwaltungsverfahren. Vielmehr gehe es ihm allgemein um die in die Zukunft gerichtete Klärung, ob er als Rentenberater in einem Verfahren des Schwerbehindertenrechts generell und ohne konkreten Rentenbezug die Vertretung übernehmen könne. Mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine anderweitige Schätzung sei daher der Auffangstreitwert anzusetzen.
Gegen diesen ihm am 22. Juni 2016 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 13. Juli 2016 beim SG Beschwerde eingelegt, welcher dieses, ohne eine förmliche Entscheidung zu treffen, nicht abgeholfen hat. Es hat am Folgetag lediglich vermerkt, dass dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen werden könne und die Akten dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg vorgelegt.
Zur Begründung seiner Beschwerde hat der Kläger vorgetragen, die sich für ihn ergebende Bedeutung der Sache liege in der bei Vertretung in Antragsverfahren anfallenden Gebühr nach Nr. 2302 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Vergütungsverzeichnis ≪VV≫ RVG), welche im Regelfall 300 € nicht übersteige. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. März 2014 (Az. B 12 R 7/12 R) stehe nicht entgegen, da sie ein Hauptsacheverfahren betreffe.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Juni 2016 abzuändern und den Streitwert für das Verfahren S 13 SB 1848/16 ER endgültig auf 300 € festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
Er hält die Festsetzung des Auffangstreitwertes für vertretbar.
II.
Der Senat entscheidet über...