Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Regelungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (juris: EBM-Ä 2008) zur Vergütung von erbrachten Broncho- und Tracheoskopien durch HNO-Ärzte. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Kassenärztliche Vereinigung. Übertragung des Ergebnisses von geprüften Quartalen auf Folgequartale. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 6 KA 63/17 R
Orientierungssatz
1. Die Regelungen des EBM-Ä 2008 zur Vergütung der von HNO-Ärzten erbrachten Bronchoskopien und Tracheoskopien sind - trotz der darin enthaltenen Differenzierungen - mit höherrangigem Recht, namentlich dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit und dem Gleichheitssatz, vereinbar.
2. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist berechtigt das Ergebnis der geprüften Quartale auf die Folgequartale zu übertragen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.06.2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren (noch) gegen eine Honorarrückforderung für die Quartale 3/2008 bis 2/2012 hinsichtlich folgender Gebührennummern (GNR) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztlicher Leistungen (EBM): GNR 09315 Bronchoskopie sowie GNR 09331 Zusatzpauschale des Sprechens und der Sprache.
Diese lauten wie folgt:
GNR 09315 Bronchoskopie
Obligater Leistungsinhalt: Bronchoskopie, Patientenaufklärung zur Untersuchung und zu den möglichen therapeutischen Maßnahmen in derselben Sitzung, in angemessenem Zeitabstand vor dem Eingriff, Informationen zum Ablauf der vorbereitenden Maßnahmen vor dem Eingriff und zu einer möglichen Sedierung und/oder Prämedikation, Oberflächenanästhesie, Überwachung der Vitalparameter und der Sauerstoffsättigung
Fakultativer Leistungsinhalt: Prämedikation, Probeexzision(en), Probepunktion(en)
Die Gebührenordnungsposition 09315 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 02300 bis 02302, 02340, 02341, 02343, 02360, 09360 bis 09362 und 13662 berechnungsfähig.
EBM 2000plus: Die Leistung nach der Nr. 09315 ist nicht neben den Leistungen nach den Nrn. 02300 bis 02302, 02340, 02341, 02343, 02360, und 09360 bis 09362 berechnungsfähig.
GNR 09331 Zusatzpauschale des Sprechens und der Sprache (EBM 2000plus: Untersuchung des Sprechens und der Sprache)
Obligater Leistungsinhalt: Dauer mindestens 15 Minuten, standardisierte Dokumentation, Prüfung(en) der Sprachentwicklung, des aktiven und des passiven Wortschatzes, der Grammatik und Syntax, der Artikulationsleistungen, der prosodischen Faktoren, des Redeflusses, des Sprachverständnisses, der zentralen Verarbeitung
Fakultativer Leistungsinhalt: standardisierte(r) Sprachentwicklungstest(s), Zusatzpauschale(n) Untersuchung der Stimme (EBM 2000plus Leistung(en) nach Nr. 09330)
Die Gebührenordnungsposition 09331 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 09332 und 20330 bis 20332 berechnungsfähig.
Die Gebührenordnungsposition 09331 ist im Behandlungsfall nicht neben der Gebührenordnungsposition 09330 berechnungsfähig.
Der Kläger nimmt als HNO-Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung in B. teil, wo er u.a. die Wachkoma-Station des dortigen Pflegeheims betreut. Durch Bescheid vom 18.11.2010 gewährte ihm die Beklagte als Praxisbesonderheit im Bereich der Bronchoskopie eine individuelle Anhebung des RLV-Fallwerts von 11,42 €.
Mit Schreiben vom 13.06.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Auswertung seines Zeitprofils im Quartal 2/2008 habe Arbeitszeiten von 798 Stunden und 5 Minuten ergeben. Aufgefallen seien teils neben Hausbesuchsleistungen abgerechnete Leistungen nach der GNR 09315 EBM (Bronchoskopie). Zweifelhaft sei, ob der Leistungsinhalt dieser GNR während eines Hausbesuchs erbracht werden könne. Der Kläger wurde aufgefordert, für die in der Anlage genannten 15 Patienten des Quartals 2/2008 die Patientendokumentationen (Karteikarte und/oder Computerausdruck im Original) vorzulegen. Der Kläger kam dieser Aufforderung nach.
Unter dem 30.06.2012 trug der Kläger darüber hinaus vor, die beanstandeten Abrechnungen beträfen schwerstkranke, beatmungspflichtige und unter ständiger Monitorkontrolle der Vitalparameter stehende Patienten. Seine Praxispartnerin und er hätten vor der Niederlassung im Krankenhaus gearbeitet. Er sei als Oberarzt einer HNO-Klinik u.a. mit dem Schwerpunkt der fachübergreifenden Koordination und Planung sowohl der Tumor-Therapie bei Karzinomen im Kopf-Hals-Bereich als auch der Nachuntersuchung und Früherkennung befasst gewesen und habe die einschlägigen Untersuchungen dabei tausendfach erbracht. Seine Praxis habe einen Schwerpunkt in der Untersuchung und Behandlung von Schluckstörungen und in der Versorgung von Wachkomapatienten oder - teils beatmeten - Patienten in häuslicher Pflege. Die Praxis sei aus diesem Grund mit mindestens einem Dutzend starrer Winke...