Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Verwaltungsvollstreckung. Zwangsvollstreckung durch eine Krankenkasse. Geldforderung. zuständige Vollstreckungsbehörde. Hauptzollamt. Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsmaßnahmen

 

Leitsatz (amtlich)

Vollstreckt eine Krankenkasse nach dem VwVG, ist zuständige Vollstreckungsbehörde für Geldforderungen das Hauptzollamt. Gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Hauptzollamtes sind die Rechtsbehelfe von Abgabenordnung (juris: AO 1977) und Finanzgerichtsordnung (juris: FGO) gegeben.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 22.06.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Einstellung der Vollstreckung von Beitragsforderungen durch die Antragsgegnerin in Höhe von 3.611,21 €.

Der Antragsteller ist als selbständiger Handelsvertreter berufstätig und bei der Antragsgegnerin freiwillig krankenversichert. Für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 30.06.2017 erhob die Antragsgegnerin die Beiträge auf der Basis der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze. Mit Bescheid vom 07.04.2017 setzte das Finanzamt W. die Einkommensteuer für das Jahr 2015 fest. Dieser Steuerfestsetzung legte das Finanzamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 157.833 € zugrunde. Mit Bescheid vom 04.05.2017 setzte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen ab 2017 auf 0 € fest. Beide Bescheide übersandte der Antragsteller an die Antragsgegnerin, wo sie am 06.06.2017 eingingen.

Mit Bescheid vom 11.07.2017 setzte die Antragsgegnerin die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage eines monatlichen Einkommens von 2.231,25 € auf 391,59 € fest (Krankenversicherung: 334,69 €, Pflegeversicherung 56,90 €). Sie führte ferner aus, dieser Beitragsbescheid gelte unter Vorbehalt. Sollte sich aus dem Steuerbescheid ein höheres als das geschätzte Einkommen ergeben, würden Beiträge nacherhoben. Bei geringeren Einkommen würden - unter Berücksichtigung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze - Differenzbeträge erstattet. Für das Jahr 2017 liege das gesetzlich vorgegebene Mindesteinkommen bei 2.231,25 €. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein und machte geltend, die neue Einstufung hätte bei zügiger Bearbeitung schon zum 01.06.2017 erfolgen müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2017 wies der Widerspruchsausschuss der Antragstellerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidung wurden nicht eingelegt.

Der Antragsteller entrichtete die ab 01.07.2017 geforderten Beiträge nicht bzw nicht vollständig. Mit Bescheid vom 08.11.2017 ordnete die Antragstellerin das Ruhen der Leistungen an.

Die Antragsgegnerin setzte unter Hinweis auf die ab dem Folgejahr geltende höhere Mindestbemessungsgrundlage mit Bescheid vom 22.12.2017 die ab 01.01.2018 von ihr geforderten Beiträge für die freiwillige Krankenversicherung und die Pflegeversicherung auf monatlich 400,81 € fest. Sie führte aus, dieser Bescheid ergehe unter Vorbehalt und gelte bis zur Vorlage eines neuen Steuerbescheides.

Am 25.01.2018 machte der Antragsteller geltend, nach seinen Informationen würden für ihn ab 01.01.2018 neue Bedingungen zur Rückzahlung zu viel gezahlter Beiträge bestehen. Nach der Steuererklärung von 2016 - erstellt im Mai 2017 - habe er vom 01.01.2016 bis zum 01.07.2017 statt 7.054,38 € einen Betrag von 13.233,78 €, also 6.179 € zu viel bezahlt. Dass man ihn nun mit den rückständigen 2.600 € massiv unter Druck setzte und ihm ständig mit dem Ruhen des Leistungsanspruches drohe, statt ihm entgegenzukommen und zumindest auf den rückständigen Betrag zu verzichten, lasse ihn an der kundenorientierten Haltung der Antragsgegnerin zweifeln. Er bitte deshalb, seinen Fall noch einmal zu prüfen. Die Antragsgegnerin wertete diese Schreiben als Antrag gemäß § 44 SGB X auf Überprüfung der für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 30.04.2017 gezahlten Beiträge und lehnte eine Änderung ihrer Beitragsbescheide für diesen Zeitraum mit Bescheid vom 26.01.2018 und Widerspruchsbescheid vom 26.04.2018 ab. Die ab 01.01.2018 geltenden Regelungen könnten nicht rückwirkend bereits ab 2016 angewendet werden.

Am 07.02.2018 stellte der Antragsteller zudem einen Antrag auf Beitragsentlastung für freiwillig versicherte Selbständige, dem die Antragsgegnerin stattgab. Mit Bescheid vom 13.02.2018 ermäßige sie ab dem 01.03.2018 den monatlich zu zahlenden Beitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung auf 267,20 €.

Unter der Überschrift “Mahnung und Ruhen Ihres Leistungsanspruches„ forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, einen Betrag von 3.611,21 € innerhalb einer Woche zu überweisen. Andernfalls sei sie gezwungen, diesen Betrag durch die zuständige Vollstreckungsbehörde einziehen zu lassen. Dem Schreiben war eine Übersicht über die rückständigen Beiträge beigefügt.

Mit einer Vollstr...

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