Entscheidungsstichwort (Thema)

Auszahlung einer fälschlicherweise zurückgebuchten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für den Monat des Versterbens eines rentenberechtigten Vollmachtgebers an einen aufgrund einer transmortalen Vollmacht Bevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Auch eine transmortale Vollmacht berechtigt den Bevollmächtigten nach dem Tod des rentenberechtigten Vollmachtgebers nicht dazu, die Zahlung der Versichertenrente für den Sterbemonat zu fordern, so lange der Fiskus als Erbe in Betracht kommt. Die Rechtsprechung des BSG zur entsprechenden Situation eines Nachlasspflegers (vgl BSG vom 25.11.1982 - 5b RJ 46/81 = BSGE 54, 186 = SozR 1200 § 58 Nr 2; BSG vom 13.9.1994 - 5 RJ 44/93) kann auf diesen Fall übertragen werden. Die Berechtigung des Bevollmächtigten kann damit nicht losgelöst von den rechtlichen Beschränkungen bestehen, die den Fiskus als Erben betreffen (hier: § 58 S 2 SGB I).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29.01.2021 wird zurückgewiesen und die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.825,93 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Auszahlung einer Rente.

Die 1956 geborene Klägerin ist die Schwester des 1951 geborenen und zu seinen Lebzeiten bei der Beklagten gesetzlich rentenversicherten J (im Folgenden: Versicherter). Dieser war verwitwet und hatte zwei Kinder.

Mit Bescheid vom 14.11.2014 gewährte die Beklagte dem Versicherten ab dem 01.01.2015 Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Diese wurde jeweils zum Monatsende auf das Konto des Versicherten bei der Vbank L gezahlt. Der Zahlbetrag belief sich zuletzt auf 1.602,93 € monatlich.

Der Versicherte erteilte der Klägerin 2017 eine Vorsorgevollmacht, die sie u.a. zur Vertretung auch gegenüber Behörden, Rententrägern und Gerichten berechtigte. Die Vollmacht umfasste dazu u.a. die Befugnis, das Vermögen des Versicherten zu verwalten und Willenserklärungen bezüglich Konten abzugeben. Die Vollmacht sollte auch über den Tod hinaus gelten.

Der zuletzt inhaftierte Versicherte verstarb am 26.12.2018. Sein Konto hatte am 28.12.2018 einen positiven Saldo von 1.596,85 €.

Nach einer Mitteilung des Rentenservice der Deutschen Post AG vom 18.01.2019 war die laufende Zahlung bei „Soll-Wegfall“ und „Ist-Wegfall“ jeweils bis „Ende 12.2018“ eingestellt worden. Die am Monatsende ausbezahlte Rente für Dezember 2018 wurde am 21.01.2019 zurückgefordert und sodann zurückgebucht. Der Anspruch auf Rentenzahlung endete aber auch nach Auffassung der Beklagten erst am 31.12.2018.

Die Klägerin wies die Beklagte nach einem Telefonat mit Schreiben vom 16.01.2019 darauf hin, dass die Dezemberrente nicht überwiesen worden sei, und legte die Sterbeurkunde sowie ihre Vollmacht vor. Sie wies die Beklagte in einem weiteren Telefonat und einer E-Mail vom 05.02.2019 darauf hin, dass die Rente für Dezember nicht ausbezahlt worden sei. Das Konto des Versicherten werde von ihr aufgelöst. Sie teilte als neue Bankverbindung ihr eigenes Konto bei der S Bank mit.

Nach Mitteilung des Amtsgerichts Offenburg - Nachlassgericht - vom 20.02.2019 hatten mehrere in Betracht kommende Personen die Erbschaft ausgeschlagen. Die Frist zur Ausschlagung laufe noch.

Ausweislich eines Aktenvermerks über ein Telefonat vom 01.04.2019 bat die Klägerin erneut um Auszahlung der Rente für Dezember. Das Konto des Versicherten sei mittlerweile aufgelöst. Sie sei über den Tod hinaus bevollmächtigt. Einen Erbschein habe sie nicht beantragt und beabsichtige dies auch nicht. Sie sei aufgrund der Vollmacht zum Bezug der Rentenzahlung berechtigt. So seien auch schon Zahlungen seitens der Justizvollzugsanstalt nach einem Schreiben des Rechtsanwaltes an sie geleistet worden. Nach dem Aktenvermerk wurde diese Auffassung von der Beklagten nicht geteilt, da die Rentenzahlung an die Erben zu leisten sei.

Die Klägerin verwies mit Schreiben vom 10.04.2019 auf ihre Vollmacht, laufende Rechtsgeschäfte zu tätigen. Der Versicherte habe ihr zudem in einem Brief mitgeteilt, dass sie seine Rente verbrauchen könne. Sie bitte daher um Entscheidung der Rechtsabteilung der Beklagten.

Mit Schreiben vom 23.05.2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Auszahlung der fälligen Rentenansprüche an sie trotz über den Tod hinaus geltender Vorsorgevollmacht nicht möglich sei. Bei hier fehlender Sonderrechtsnachfolge würden die Ansprüche nach dem BGB vererbt. Jedoch habe neben der Klägerin keine in Betracht kommende Person das Erbe angetreten. Damit sei der Fiskus gesetzlicher Erbe.

Die Klägerin ließ sich von einem Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht beraten. Mit Schreiben vom 05.06.2019 teilte ihr dieser mit, dass die Ablehnung der Beklagten zutreffend sei, da das Geld dem Erblasser bzw. dem Nachlass zustehe. Falls das Nachlasskonto gelöscht sei, sei dies wieder zu eröffnen. Dann könne sie die Auszahlung auf dieses Konto verlangen. Die Beklagte könne s...

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