Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Erlass von Beiträgen. Rentner. Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers nach § 255 Abs 1 und Abs 2 S 1 SGB V umfasst auch die Zuständigkeit für eine Entscheidung nach § 76 Abs 2 S 1 SGB IV.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.09.2021; Aktenzeichen B 12 KR 13/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 02.10.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt den Erlass ihrer Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.11.2013.

Die 1949 geborene Klägerin war bis 11.11.2006 Pflichtmitglied bei der BKK H.-W. (Rechtsvorgängerin der Beklagten). Am 31.12.2013 zeigte die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Auffang-Pflichtversicherung ab 01.04.2007 bei der Beklagten zu 1) an. Mit Bescheid vom 22.07.2014 stellte die Beklagte zu 1) die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ab dem 01.04.2007 fest und setzte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach der Mindestbemessungsgrundlage fest. Für die Zeit vom 01.04.2007 bis 30.11.2013 errechnete sich ein Beitragsrückstand (Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) iHv 8.622,65 € (berechnet nach der Mindestbemessungsgrundlage). Dieser könne nach § 256a Abs 2 SGB V erlassen werden, sofern die Klägerin schriftlich erkläre, dass in dieser Zeit keine Leistungsinanspruchnahme erfolgt sei. Der Bescheid erging auch im Namen der Pflegekasse.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und legte den Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) vom 15.03.2010 vor, wonach sie auf ihren Antrag vom 29.12.2009 ab dem 01.10.2009 eine Altersrente für Frauen erhält, sowie eine Einkommenserklärung zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Sie gehe davon aus, dass nichts mehr ihrer Mitgliedschaft in der KVdR entgegenstehe. Ferner beantragte sie am 03.02.2015 den Erlass von Beiträgen und Säumniszuschlägen. In der Zeit vom 01.04.2007 bis 31.12.2014 habe sie keine Leistungen der Beklagten in Anspruch genommen.

Mit Bescheid vom 19.03.2015 hob die Beklagte zu 1) den Bescheid vom 22.07.2014 auf und stellte fest, dass die Klägerin ab dem 29.12.2009 bei ihr als Rentnerin versicherungspflichtig sei. Für die Zeit vom 01.04.2007 bis 28.12.2009 bestünden rückständige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und darauf entfallende Säumniszuschläge iHv 4.542,06 €. Diese wurden erlassen.

Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und beantragte, den gesamten Beitragsrückstand vom 29.12.2009 bis 31.12.2013 entsprechend § 256a Abs 2 SGB V zu erlassen. In der Folgezeit wurden Säumniszuschläge und Gebühren für den Zeitraum 29.12.2009 bis 31.12.2013 storniert.

Die Beigeladene setzte mit Bescheid vom 13.04.2015 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2015) den Zahlbetrag der Altersrente ab 01.05.2015 neu fest und machte nach § 255 SGB V für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2015 die - unverjährten und - rückständigen Beiträge zur KVdR sowie zur Pflegeversicherung iHv insgesamt 5.687,76 € geltend. Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Karlsruhe mit Urteil vom 14.03.2015 ab (S 5 R 3690/15); die Klägerin nahm ihre Berufung zurück (L 10 R 1433/16). Die Beigeladene behielt ab 01.07.2017 wegen der Beitragsrückstände nach Prüfung des § 51 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) einen Teil der Rente der Klägerin ein (Bescheid vom 06.07.2017; Widerspruch der Klägerin vom 13.07.2017; Widerspruchsbescheid vom 04.12.2018); die Beitragsforderung war Ende Februar 2018 getilgt. Wegen des Erlasses oder Ermäßigung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegversicherung verwies sie die Klägerin an die Beklagten (Schreiben vom 05.10.2017).

Mit Bescheid vom 22.06.2016 lehnte die Beklagte zu 1) den weiteren Beitragserlass ab, da für die Zeit vom 29.12.2009 bis 31.12.2013 keine Beitragsschulden bestünden. Die Beitragsabführung sei direkt durch die DRV erfolgt. Die Klägerin sei als Rentnerin versicherungspflichtig. Es müsse daher eine Beitragsabführung mit dem Rentenbezug erfolgen.

Die Klägerin erhob wiederum Widerspruch und forderte die Beklagte auf, der DRV einen Beitragserlass mitzuteilen. Mit Schreiben vom 17.07.2017 forderte die Klägerin die Beklagte auf, der DRV zu melden, dass sie nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V versichert sei und nicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2017 wies die Beklagte zu 1) die Widersprüche gegen die Bescheide vom 19.03.2015 und 22.06.2016 - auch im Namen der Pflegekasse - als unbegründet zurück. Die Pflichtversicherung in der KVdR sei vorrangig vor der Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V. Demnach könne für die Zeit vom 29.12.2009 bis 30.11.2013 kein Beitragserlass erfolgen. Wegen Verjährung seien nur Beiträge aus der Altersrente ab 01.01.2011 zu fordern. Entsprechend habe die DRV die Beitragsanteile ...

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